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SMENSCHEN FÜR VISIONEN GEWINNEN - RTSC-KONFERNZ

 

Isis Herzog

veröffentlicht in: managerSeminare (Copyright), Januar/Februar 99, S. 108 - 115

Sollen Mitarbeiter auf ein neues Unternehmensleitbild eingeschworen oder für neue Herausforderungen begeistert werden, kann eine RTSC-Konferenz die Lösung sein. Unter den verschiedenen Formen der Großgruppenkonferenzen erlaubt sie der Geschäftsleitung die größten Einflußmöglichkeiten. Allerdings steht und fällt ihr Erfolg mit der Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit der Führungskräfte. Diese müssen es mit dem Real Time Strategic Change ernst meinen.

Für den obersten Polizeibeamten von Österreich, Gruppenleiter Dr. Erik Buxbaum, muß die Konferenz so etwas wie eine gelungene Achterbahnfahrt gewesen sein. Permanent galt es neue Impulse aufzunehmen, Programmpunkte gemeinsam mit den Moderatoren umzuwerfen, sich laut Konferenzregel als Gleicher unter Gleichen zu verhalten, und trotzdem Entscheidungen zu treffen, die sowohl den Prozeß unterstützen, als auch der Behördenleiterkonferenz nicht vorgreifen.

Was als Schlußpunkt hinter einem aufwendigen Leitbildfindungsprozeß geplant war, geriet zu einem Auftakt für etwas gänzlich Neues. Für den föderalistisch aufgebauten 120jährigen Polizeiapparat brachen im Oktober `98 neue Zeiten an.

Ursprünglich sollte - neben einem Strategiekonzept - ein Management-Leitbild entwickelt und verabschiedet werden; doch bereits vor der Konferenz wurde der Planungsgruppe klar, daß das Leitbild nicht nur für die Führungsspitze, sondern für jeden Menschen in der Bundespolizei gelten müßte. Ein Sprung ins kalte Wasser, denn wo bisher ein hierarchischer Umgangston dominierte, sollten in Zukunft auch dienstniedrigere Beamten mitsprechen.


Vision vom kundenorientierten Polizisten

Typisch RTSC-Konferenz, denn oft initiiert die Vorbereitungsphase schon bedeutende Veränderungen. Durch die spezielle Dramaturgie der Konfernz selbst ist es möglich, die Veränderung der Führungs- und Zusammenarbeitskultur im Unternehmen, in allen Abteilungen und Hierarchieebenen gleizeitig in Gangn zu setzen. Strategischer Wandel in Echtzeit heißt das auf deutsch und bewirkt, daß sich die Mitarbeiter aus eigenem inneren Antrieb heraus an der Umgestaltung des Unternehmens beteiligen.

Für die österreichische Bundespolizei war ein wichtiger Schritt in diese Richtung die Konferenz der oberen Führungsebenen. Das Ergebnis der dreitägigen Klausur: ein Leitbildentwurf für Führung und Zusammenarbeit. Der erste Satz darin: "Wir arbeiten für die Menschen in unserem Land". Wie revolutionär er ist, erschließt sich aus dem Begleitsatz, in dem von „kundenorientiertem“ Verhalten die Rede ist. Nach hundert Jahren Obrigkeitsdenken eine zukunftsweisende Entscheidung!

Die Einigung auf das Wörtchen "kundenorientiert" fiel nicht leicht. Aber letztlich überwogen Erkenntnis und Mut. Der Schritt ins nächste Jahrtausend soll mit marktwirtschaftlichem Denken und Handeln versucht werden. "Wir hatten anfangs befürchtet", so einer der Altgedienten, "einen bereits feststehenden Entwurf legitimieren zu müssen. Aber wir sind hier wirklich gefordert worden. Das hat sich ausgezahlt, denn in uns hat sich etwas bewegt. Wir werden das jetzt weitertragen."

„Das bedeutet viel, viel mehr, als wir ursprünglich geplant hatten“, lautete die spontane Reaktion des Gruppenleiters auf einen wesentlichen Programmpunkt der Konferenz: die Rede des "Kollegen Polizeidirektors Axel Dischler aus Stuttgart".

Und die hatte bewirkt, was sie bewirken sollte: So leidenschaftlich, wie Dischler von der Entwicklung und Umsetzung des Leitbildes der Baden-Württembergischen Polizei berichtete, so elektrisierend war die Wirkung. Am Ende seines Vortrags war jedem im Plenum klar, daß zur Verankerung eines solchen Leitbildes die üblichen Musik-von-vorne-Veranstaltungen nicht genügen würden.


Was man nicht erlebt, versteht man nicht

"Die Mitarbeiter an der Basis müssen selbst Teil des Leitbildprozesses sein. Sonst können sie es weder verstehen, noch leben", so Dischler. Solche Sätze machten Mut für eine weitreichende Entscheidung: Man wolle sich nicht zwischen einer Top-Down oder Bottom-Up-Variante der Implementierung entscheiden, sondern wähle hier und heute einen dritten Weg: Von innen nach außen werde man die Arbeit weitertragen.

Das Ergebnis: Damit der „Geist von Wels" bis in die Stuben der dringen kann, sollen - wie in Baden-Württemberg - auch in der österreichischen Bundespolizei Moderatoren ausgebildet werden. Nicht als Überbringer eines fertigen Papiers, sondern als Boten eines Entwurfs, an dem auch die Basis mitgestalten soll. Der Prozeß ist entscheidend, lautete die gemeinsame Erkenntnis. „Wir hatten anfangs befürchtet,“ zog einer der Altegedienten sei Fazit, „einen bereits feststehenden Entwurf legitimieren zu müssen. Aber wir sind hier wirklich gefordert worden. Das hat sich ausgezahlt, denn in uns hat sich etwas bewegt. Wir werden das jetzt weitertragen.“


Die Macht heimlicher Spielregeln

Alles in allem also eine typische RTSC-Konferenz, auch wenn einige ebenso typische Module nicht genutzt wurden. Zwar läuft sie im Grunde immer nach dem gleichen Muster ab - Aufrütteln, mit den Zielen identifizieren, Maßnahmen erarbeiten - doch die einzelnen Module sind variabel einsetzbar.

So könnte z.B. nach dem Visionieren direkt die Umsetzungsphase, die Planung der Maßnahmen beginnen. Oft ist es allerdings sinnvoller, sich erst einmal um die heimlichen Spielregeln zu kümmern, die in jeder Organisation eine Hauptrolle spielen. An ihnen, so RTSC-Moderator Rudi Ballreich, sei schon so mancher Veränderungsprozess gescheitert. Sie offenzulegen ist die Voraussetzung dafür, daß die Menschen im Anschluß an die Konferenz nicht wieder in ihre alten Muster zurückfallen. Nur: Wie soll man diese heikle Aufgabe meistern?

Blick zurück in die jüngste Vergangenheit von Bosch Salzgitter. Die Ausgangslage: Zahlreiche 0Kunden waren mit Qualität und Kosten immer weniger zufrieden, die Wertschöpfung in der Elektronik hatte Verluste zu verkraften, man hätte demnächst wahrscheinlich Leute entlassen müssen … die Szene ist bekannt, Bosch ist da kein Einzelfall.

Der Technische Geschäftsleiter Dr. Eberhard Bauer mußte den Kurs ändern und enschied sich für die RTSC-Konferenz, um einen Konsens über die geschäftliche Neuorientierung zu erzielen. Nachdem am zweiten Tag der Konferenz die „Visioin 2005“ formuliert war, galt es für ihn und seine Mannschaft noch einen Blick auf die ungeschriebenen Gesetze des Werkes zu werfen. Erst danach sollte die Maßnahmenplanung stattfinden.

"Wir haben Rollenspiele gemacht, in denen die ungeschriebenen Gesetze, die bei uns immer mitspielten, klar aufgedeckt wurden. Jeder 8ter-Tisch hat das in einem Sketch dargestellt. Das hat nicht nur ungeheuer viel Spaß gemacht, sondern es war auch erstaunlich, was in diesen kurzen Vorführungen alles ans Licht kam. Jeder hat sich wiedergesehen und viele haben gesagt, „Ja, genau so ist es."

In den wesentlichen Punkten deckten sich die Erkenntnisse: Tauchte ein Problem auf, war es immer der Nachbar bzw. die andere Abteilung hatte Schuld. Oder, daß viele sich aus Angst vor Kritik immer gut darstellten, aber nicht entsprechend handelten. Oder daß Zusagen nicht eingehalten wurden, Business as usual …


Die Karte für die schnelle Mahnung

"Wir haben alle geheimen Spielregeln aufgedeckt und neue formuliert,“ so Bauer weiter. Die erste Regel heißt jetzt: Bei Problemen suche ich nicht nach Schuldigen, sondern nach der Lösung. Die zweite: Tun ist wichtiger als Darstellen. Und die dritte: Ich erfülle meine Zusagen konsequent. Bereits drei Tage nach Ende der Konferenz hatte die für dieses Thema zuständige Maßnahmengruppe eine Karte vorgelegt: Klein wie eine Kreditkarte, bunt und mit den neuen Regeln bedruckt, wurde sie hunderte Male vervielfältigt.

Jeder Mitarbeiter hat dieses Kärtchen seitdem immer bei sich. Kommt es zu Regelverstößen, wird es gezückt. "Da kann es schonmal vorkommen", schmunzelt Bauer, "daß ein Produktionsmitarbeiter seinem Werksleiter die Karte zeigt. Und umgekehrt natürlich auch."

So oder ähnlich kommt es, daß im Anschluß an eine RTSC-Konferenz die Wege zwischen unten und oben, oben und unten deutlich kürzer werden. Aber wenn die unteren Schichten plötzlich unbefangen auf die oberen zuzugehen, kann das in der mittleren Führungsebene oder auch im Betriebsrat schonmal zu handfesten Ängsten führen. Für Dr. Eberhard Bauer ist es deshalb wichtig, den Betriebsrat von Anfang an mit einzubeziehen. Er zeigt sich zufrieden, „das Mitglieder des Betriebsrats jetzt in bestimmten Workshops als Moderatoren mitmachen, ihren Beitrag intensivieren und spüren, daß ihre Befürchtungen während der Konferenz nicht berechtigt waren“.


Dramturgie der Emotionen

RTSC-Konferenzen haben eine interessante Dramaturgie. Anders als bei der Zukunftskonferenz, gibt es bei RTSC stärkere inhaltliche Vorgaben. Die Mitarbeiter müssen für die Ziele und Visionen gewonnen werden, von denen zunächst einmal nur die Geschäftsleitung überzeugt ist. Es liegt also in ihren Händen, daß der Funke überspringt und der Wille zur Veränderung alle Hierarchien und Mitarbeiter erfaßt.

Bewußt werden daher während der Konferenz viele emotionale Akzente gesetzt. Sie wirken klärend und sind eine Möglichkeit, die Mitarbeiter zu begeistern. Gleichzeitig werden aber auch Hoffnungen geschürt, die eine große Eigendynamik entwickeln können. Wenn die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen von der Geschäftsleitung nur halbherzig betrieben wird, gehen Vertrauen und Energie rasch verloren. Daher, so Ballreich „geht es zunächst darum, die mittlere Führungsschicht zu begeistern“.

An dieser Stelle wird deutlich, daß RTSC-Konferenzen nicht nur einer konsequenten Nach-, sondern auch einer mindestens ebenso sorgfältigen Vorbereitung bedürfen. RTSC-Moderatoren sind daher häufig in größere Organisationsentwicklungsprozesse eingebunden. So gilt es, die Vorbereitungs- bzw. Steuerungsgruppe intensiv zu begleiten und Überzeugungsarbeit bei den häufig verunsicherten Führungskräften zu leisten. Coaching, Strategieveränderung und Supervision sind gefragt.

So geschehen bei „Elsag Bailey Hartmann & Braun“. Folker Frenzel, Geschäftsbereichsleiter Analysetechnik, erzählt, daß ihn während der Vorbereitungszeit der Berater fragte, „welche Visionen wir eigentlich leben, was wir mit dem Unternehmen vorhaben, welche Produktlinien wir in Zukunft sehen, welche Gebäude und Techniken morgen eine Rolle spielen sollen?“ In der Führung, so die Antwort, seien sie doch alle Ingenieure. Die wären in der Regel auf das Tagesgeschäft fixiert und hätten sich mit solchen Fragen noch nicht beschäftigt.

Bevor also die Konferenz zum Thema „Aufbruch Analysetechnik“ starten konnte, mußten die oberen Hierarchieebenen erst einmal durch Visions-Workshops gehen. Und während der anschließenden Planungsarbeit der Steuerungsgruppe, als es um einen Entwurf für das Leitbild ging, „waren wir zuerst einmal skeptisch. Die Techniker fanden es recht blumig, eben nicht mathematisch genau. Die haben etwas komisch geguckt und einige wollten eigentlich gar nicht zur RTSC erscheinen“.

Als dann in der Konferenz die Ziele für den Bereich und das Unternehmen klar definiert, Leitgedanken und Projektmaßnahmen verabschiedet wurden, wurde aus der anfänglichen Skepsis ein „sehr gutes Gefühl“.


Schwergewichtigen Themen

Auch wenn Emotionen Bestandteil einer RTSC-Konferenz sind, so bietet sie doch deutlich mehr Steuerungsmöglichkeiten als Zukunfts- und Open Space-Konferenzen und gilt deshalb für den Auftraggeber als die „sicherste Form“ dieser drei Konferenztypen. Manches Mal kann sie sogar den größeren Innovationsschub in Richtung Praxistransfer und Kulturwandel bewirken.

Das Ergebnis hängt indes wesentlich davon ab, was die Führungsmannschaft vorher erarbeitet hat. Wenn z.B. Straffung auf der ganzen Linie angesagt ist, sich das ganze Unternehmen viel mehr auf den Kunden ausrichten und auch die Lieferanten einbinden will, erweist sich eine mangelnde Vorbereitung als kontraproduktiv: Je besser die Vorbereitung, desto eher kann man davon ausgehen, daß in der Konferenz unerwartete und schwergewichtige Themen auftauchen. Die meisten Moderatoren wollen deshalb die Aufrüttelungsrede der Geschäftsleitung, die gleich zu Beginn der Konferenz gehalten wird, vorher lesen.

Es gilt zu vermeiden, daß die Rede kraftlos wirkt, nicht wirklich aufrüttelt oder - schlimmer noch - im Plenum Verärgerung statt Erschütterung entsteht. In so einem Fall ist ein konflikterfahrener Moderator besonders wichtig. Einer, der das Schiff erst einmal stoppt, die Krise anspricht und weiß, was zu tun ist, um zwischen Führung und Mannschaft das Vertrauen wiederherzustellen.

Optimalerweise sollten solche Probleme schon im Vorfeld erkannt werden. Wenn zum Beispiel die Führungsmannschaft von den Mitarbeitern offene Kommunikation und Selbstverantwortung einklagen will, wird ein Berater zunächst die Frage stellen: „Und wie steht`s damit bei Ihnen?“ Falls betretenes Schweigen die Antwort ist, kann es sinnvoll sein, für die Führungsriege einen zweitägigen Feedback-Prozeß zwischenzuschalten.


„Es ist schon zu spät“

Eines der „heißesten“ Module einer RTSC-Konferenz ist z. B. der Vortrag eines guten Kunden am ersten Tag der Konferenz. Sein Job: Aufrütteln! Jedem soll unmißverständlich klar werden, wie es in Sachen Kundenorientierung um das Unternehmen steht. Und das kann auch mal deftiger ausfallen. Wie bei Bosch, wo ein Arbeiter dem Vortragenden die Frage stellte: „Was können wir denn tun?“, und jener antwortete: „Es ist schon zu spät. Sie können nichts mehr tun.“

„Das hat ungeheur gewirkt“, so Geschäftsbereichsleiter Bauer, „meine Leute waren echt am Boden. Später hat er noch mehr dazu gesagt, aber erst einmal mußte Leidensdruck aufgebaut werden. Dabei ging es schlicht darum, bei allen ein anderes Bewußtsein zu erzeugen. Letztendlich war ich wirklich froh, daß es so offen angesprochen wurde.“

Fingerspitzengefühl ist beim Einsatz der Module gefragt. Sollte allerdings in einem Unternehmen der Leidensdruck durch Entlassungen schon sehr groß sein, wird ein Berater diesen Part deutlich milder ausfallen lassen. Die Menschen sind aufgerüttelt genug und es bedarf vielmehr Instrumente, die alle Kraft in die aufbauende Arbeit leiten.

So können beispielsweise Verträge zwischen den Hierarchiebenen geschlossen werden; oder man tauscht Briefe aus, die klären, was von der jeweils anderen Seite gebraucht wird, um die neuen Vereinbarungen erfüllen zu können. Doch bei aller Flexibilität der Struktur gibt es ein Element, daß aus einer richtigen RTSC-Konferenz nicht wegzudenken ist: die Nachtsitzung.


Tagen bis nach Mitternacht

Nach der Phase des Aufrüttelns und des Visionierens, nach dem Arbeiten an Leitgedanken oder Strategien, geht eine kleine Truppe am ersten oder zweiten Abend in den letzten Kraftakt des Tages. Moderatoren, Auftraggeber und die Steuerungsgruppe ziehen sich mit zwei, drei Freiwilligen noch einmal zurück. Und während alle anderen Teilnehmer den Abend genießen, werden ihre Vorschläge gesichtet, sortiert, bewertet und in die Vorlage der Geschäftsleitung eingearbeitet.

Auch wenn es bis drei Uhr morgens dauern sollte - wie bei der Deutschen Telekom geschehen - Ende ist erst, wenn das neue Papier nichts mehr zu wünschen übrig läßt. Über Nacht kopiert liegt es dann als Morgengruß auf den Plätzen der Teilnehmer.

„Wir haben mehrere Anläufe gebraucht, um der Sache auf die Spur zu kommen.“ Zentrumsleiter Otto Zeppenfeld von der Deutschen Telekom erzählt, wie alles mehrfach hin und her gedreht wurde, bis endlich die neue Version auf den Tischen lag. „Als wir nach dieser Nacht müde aber froh wieder in der großen Runde auftauchten, kam das sehr gut an. „Mensch, die sind ja wirklich bereit, sich auf unserere Forderungen einzulassen. Die meinen`s echt ernst.“, war der Tenor der Reaktionen.“

Anschließend wurden die Vorschläge soweit konkretisiert, daß die Geschäftsleitung noch am gleichen Tag entscheiden konnte, was umgehend verabschiedet und budgetiert werden kann, und was davon noch eine Weile warten muß. „Wir haben das Papier gleich am Ort noch mit Leben gefüllt und allein dadurch bereits einen geschäftlichen Nutzen aus der Konferenz gezogen, der sich gelohnt hat. Ich halte diese RTSC-Konferenz für ein hocheffizientes Werkzeug, um relativ rasch Gemeinsamkeiten zu finden und zu festigen“, so Zeppenfeld.

Üblicherweise gehe man bei Workshops mit einem Stück Papier rein und komme mit einem anderen raus. „Hier sind wir mit etwas Neuem und sofort Lebbarem rausgekommen. Das ist eine deutlich neue Ebene der Effektivität, die da entstanden ist. Sowas kann man nicht in Lehrgängen machen. Wenn ich meine Führungskräfte alle zwei Tage lang in Lehrgängen gehabt und mein Leitbild vorgestellt hätte, wäre nichts passiert“, freut sich der Telekom-Manager über die starke Identifikation der Mitarbeiter mit den gemeinsam erarbeiteten Ergebnissen.

Für die beiden Zentrumsleiter des ehemaligen Fernsprech-Monopolisten bedeutete das, daß sie sich schon während der Planungsgespräche mit den Moderatoren „deutlich bewegen mußten“. Eine RTSC-Konferenz ist „nur“ das Highlight eines längeren Prozesses und die Schritte, die die Geschäftsleitung im Vorfeld macht, sind im Prinzip die Bedeutendsten.


Input für den Wandel

Während der Konferenz können Externe einen wichtigen Beitrag leisten und den Prozeß beschleunigen. Ob Kunden, Mitbewerber oder jemand aus dem wissenschaftlichen Lager - sie alle können helfen, die Thematik von anderer Seite her zu beleuchten. Diese Gäste haben nicht nur als Teilnehmer an den „Externen-Tischen“, sondern - ebenso wie der Stuttgarter Polizeidirektor - als Vortragende eine bedeutende Rolle. Und wie er wären die meisten Gäste gern noch ein bißchen länger geblieben. Da sie als Agenten für Veränderung kamen, hätten sie gern erlebt, wie Ihr Input genutzt wird. Wird allerdings ein Wettbewerber zum Vortrag eingeladen, ist es dem Auftraggeber eher recht, wenn man anschließend wieder unter sich ist und „ans Eingemachte“ gehen kann.

Fazit: „Real Time Strategic Change-Konferenzen“ sind ein interessantes Werkzeug für gleichzeitige Veränderung auf allen Ebenen und in allen Bereichen. Trotzdem sollten Unternehmen, die keine Prozeßorientierung und weder Personal-, noch Organisationsentwicklung kennen, zunächst Abstand von solch einer Veranstaltung nehmen. Für ihre Führungsmannschaft wäre es besser, zuerst einmal entsprechende Erfahrungen in prozeßorientierten Strategie- oder Visiosnworkshops zu sammeln. Diese wird man nämlich während einer RTSC-Konferenz besonders dringend brauchen.

Isis Herzog



Öl ins Feuer gießen.

Bei der RTSC-Konferent von Siemens Verkehrstechnik ging es um das Thema Projektmanagement. Probleme in diesem Bereich konnte sich das Unternehmen nicht länger leisten, da 80 Prozent der Geschäfte als Projekte abgewickelt werden. Wie aber wird ein Projekt optimal gestartet? Wie findet man die richtigen Leute dafür? Antworten auf diese Fragen lieferte die RTSC-Konferenz. Aber: Wurden die neuen Erkenntnisse auch umgesetzt? Über die Auswirkungen und Nachbereitung der Konferenz sprach managerSeminare mit Andreas Klenke, Leiter der Revision für Siemens Verkehrstechnik.


Anfang `98 fand Ihre Konferenz statt. Können Sie schon eine Bilanz ziehen?

Andreas Klenke: Ich bin gerade dabei zu prüfen, was an den erarbeiteten Einzelmaßnahmen umgesetzt wurde. Es ist viel realisiert worden und zwar in einem deutlich höheren Grad, als alles, was ich sonst erlebt habe. 75% der verabredeten Maßnahmen wurden bereits umgesetzt.


Worauf führen Sie den Erfolg zurück?

Andreas Klenke: Durch die enorme Transparenz, die entstanden ist, gehen die Leute jetzt direkt zu ihren Häuptlingen und klagen ein, was in der großen Runde verabredet wurde. Aber das Beste daran ist: Der Effekt multipliziert sich. Auch Mitarbeiter, die nicht dabei waren, machen das. Anfang April gab es zunächst den Tagungsband, in dem bereits nerste Detailmaßnahmen dokumentiert waren. Das Buch ist zwar gut zweineinhalb Zentimeter dick, aber ganz offensichtlich wurde intensiv drin gelesen.


Gab es nioch weitere spürbare Auswirkungen?

Andreas Klenke: Ich habe an diversen Sitzungen teilgenommen und festgesteltl: die Themen leben weiter und wir alle wollen hart am Ball bleiben. Es hat sich einiges geändert und der Spirit aus der RTSC ist nach wie vor vorhanden. Einen höchst wirkungsvollen Anstoß gab es noch einmal nach etwa drei Monaten. In der RTSC hat jeder Teilnehmer einen Brief an sich selbst geschrieben, in dem er sehr genau aufgelistet hat, was er in den nächsten 90 Tagen realisieren will. Wir haben diese Briefe in verschlossenen Umschlägen eingesammelt und nach 90 Tagen ungeöffnet an die Teilnehmer zurückgeschickt. Jeder hat also seinen eigenen Brief bekommen.

Ich habe einige gefragt, wie hoch die Übereinstimmung mit dem Inhalt ihrer Briefe sei. Welche sagten, „ich bin stolz auf mich, ich habe wirklich alles genau so umgesetzt“. Andere waren eher etwas bedrückt, weil sie eben nicht alles gemacht hatten. So konnten wir die Leute bei ihrer Ehre packen und gleichzeitig wieder ein bißchen Öl ins Feuer gießen.


Wie wollen Sie die Flamme auf Dauer am Brennen halten?

Andreas Klenke: Wir werden jetzt einen Projektmanagement-Award ausschreiben. Wir machen das nicht nur, um die Themen weiter heiß zu erhalten, sondern auch, um für diese Projekte immer wieder zu werben. Sie sollen einen starken Sog entwickeln.