Isis
Herzog, veröffentlicht in: managerSeminare
(Copyright), März 99, S. 93 - 100
Die
in diesem Artikel beschriebenen Fälle "TÜV Rheinland"
und "DASA Airbus"
sind Kunden von Dr. Matthias zur Bonsen.
Die
Open Space-Technology ist die Großgruppenintervention mit
der geringsten Strukturvorgabe und dem höchsten Maß an
Seltbstorganisation. Das Ziel von Open Space ein vom ganzen System
getragender grundsätzlicher Durchbruch in der Organisationskultur.
Durch die Wirkung von Empowerment, Selbstverantwortung und -organisation
kann die Technologie zu persönlicher und systemischer Transformation
einer Ogranisation führen. |
Fürigen,
ein kleiner Ort hoch über dem Vierwaldstättersee, ein wunderschönes
Hotel, ein sehr großer Raum, Panoramafenster mit Blick auf den
See und ein zweifacher Kreis aus rund 80 Stühlen: Das ist der erste
Eindruck, den die Teilnehmer der Konferenz an diesem Monatgmorgen erwartet.
An der Tür, durch die sie dieses ungewöhnliche Szenario kurz
vor acht Uhr betreten, hängt ein Plakat: be prepared to be
surprised.
Die erste Überraschung ist gelungen. Langsam und etwas verunsichert
nehmen die Menschen in der Runde Platz. Der äußere Stuhlkreis
wird zuerst besetzt. Sie schauen sich um, fragende Blicke, leise Gespräche.
Der Raum füllt sich mit Führungskräften quer durch alle
Ebenen der Sulzer Infra, einem von fünf Unternhemensbereichen
des international tätigen Schweizer Konzerns Sulzer.
Sie alle kamen freiwillig zu der dreitägigen Konferenz nach Fürigen.
Eingeladen hatte Karl Bochsler, Mitglied der Konzernleitung und Präsident
der Sulzer Infra, dem Unternehmensbereich, der sich mit
Infrastrukturlösungen in Arbeitsprozessen in Gebäuden
befaßt. Bochsler begrüßt unter dem Motto Durch
Vielseitigkeit zur Einzigartigkeit und schildert die Lage. Kulturveränderung
ist angesagt, der Glaube an Leadership und Teamarbeit soll gestärkt,
neue Kommunikationsformen entwickelt, alte Defizite ausgemerzt und Erfahrungen
über Landes- und Geschäftsbereichsgrenzen hinweg genutzt werden.
Man steckt mitten im Veränderungsprozeß.
Eine Agenda gibt es nicht
Der Präsident spricht über den Ist-Zustand und darüber,
daß wir eigentlich besessen sein müßten von der
Suche nach dem Besseren. Jetzt haben wir die Chance, in den nächsten
drei Tagen Steine aus dem Weg zu räumen - welche Steine, bestimmen
Sie.
Nur - wie soll das gehen? Immer wieder fragende Blicke bei den Herren
und der einzigen weiblichen Teilnehmerin im Raum. In diesem Moment steht
die Moderatorin auf, nimmt das Mikrophon und schreitet den Kreis ab.
Langsam geht sie in der Runde, nimmt Blickkontakt auf und verspricht,
daß bis Mittwochnachmittag viele Ideen existieren, zahlreiche
Maßnahmen und Aktionspläne entstehen und man eine schriftliche
Dokumentation mit nach Hause nehmen werde.
Dann spricht sie über Open Space: Eine Methode, die Raum gibt für
eigene Initiativen, die vor rund 13 Jahren in den USA entwickelt und
mittlerweile auf der ganzen Welt erprobt worden sei. Indem sie den Kreis
abschreitet, versucht sie, das Bewußtsein eines jeden einzelnen
anzusprechen. Die Irritation wächst, denn keiner der Teilnehmer
hat Tagungsunterlagen erhalten und eine Agenda gibt es auch nicht. Die,
so die Moderatorin, sollen Sie gleich selbst aufstellen.
Jeder hat hier die Gelegenheit, ein Thema zu nennen, für das er
wirklich Leidenschaft empfindet, das ihm unter den Nägeln brennt,
das seiner meiner Meinung nach wichtig ist für das Unternehmen
und für das er sich persönlich stark machen möchte.
Vorbereitung für den Sprung in den Offenen Raum
Während die Moderatorin den Kreis abschreitet, irgendwann in seiner
Mitte steht und spricht, wechselt die Stimmung zwischen Ungläubigkeit
und Unsicherheit. Die nächsten Erklärungen steigern diese
Spannung noch: Wenn Sie ein Thema haben, werden Sie in den nächsten
zwei Tagen mit anderen an diesem Thema Interessierten für anderthalb
bis zwei Stunden daran arbeiten können. Und daß es
gleich sei, ob man kein, ein oder drei Themen einbringen, ob man sich
bezüglich dieser Themen kompetent oder nur lernbegierig fühle
- im Open Space sei alles möglich.
Weitere knappe Erklärungen folgen und während Sie auf einen
Stapel von großen Papierblättern und Stiften auf dem Boden
in der Mitte des Kreises hinweist, erfahren die Teilnehmer, wie Sie
ihr Thema zu annoncieren haben. Stehen Sie auf, treten Sie in
die Mitte, nehmen Sie das Mikrophon und sagen Sie: Ich heiße
und mein Thema lautet
Hängen Sie dann Ihr Blatt
an der Wand dort vorne auf. Dabei wählen Sie, ob Ihr Workshop am
Vor- oder am Nachmittag, heute oder morgen stattfinden soll.
Viele entdecken erst jetzt die zehn Meter lange Pinwand am Kopf des
Raumes. Bis auf eine Reihe gelber Post its mit den Namen verschiedener
Räume des Hotels und einigen Zeitblöcken auf ihrer Kopfleiste
ist sie noch leer. Und so mancher scheint sich beim Anblick der vielen
Meter Wand zu fragen, was sie um Himmels Willen die nächsten
Tage zusammen tun werden.
Kein Thema, so heißt es, wird abgelehnt. Jeder brauche nur ein
Post it auf sein kleines Plakat zu kleben und das Ganze einer Zeit zuzuordnen,
dann wüßten die anderen, wann und wo welcher Workshop stattfinden
werde. Nach jeder Session würden ein oder zwei Teilnehmer einen
kurzen Ergebnisbericht in eines der Notebooks schreiben, um sie später
zu kopieren und zu verteilen.
Die Freiheit steht an erster Stelle
Doch bevor es losgeht, werden die Teilnehmer mit den vier Prinzipien
von Open Space vertraut gemacht:
Wer auch immer kommt, es sind die richtigen Leute
soll besagen, daß - egal ob sich nur einer oder 25 für ein
Thema interessieren - es genau die Menschen sein werden, deren Motivation
für genau dieses Thema offensichtlich groß ist.
Was auch immer geschieht, es ist okay
ist ein Prinzip, das daran erinnert, daß die ungeplanten und unerwarteten
Dinge oft die kreativsten sind.
Es beginnt, wenn es beginnt
klingt wie die Antithese zur vielzitierten Pünktlichkeit. Im Open
Space ist sie erlaubt, denn die menschliche Energie richtet sich nicht
dem Minutenzeiger der Uhr. Und das vierte Prinzip lautet
Vorbei ist vorbei
Was soviel bedeutet, daß manchmal ein Thema nur zerredet würde,
hielte man die anderthalb Stunden zwanghaft ein, obwohl längst
alles gesagt ist.
Diese Prinzipien anzuwenden - so erfahren die Teilnehmer, ist kein Muß.
Davon gibt es Open Space nur eines: Das Gesetz der zwei Füße.
Was soviel bedeutet, daß jeder permanent mit seinen zwei Füßen
abstimmt. Gehen Sie nur in die Gruppen, die Sie interessieren,
wird moderiert. Aber wenn jemand feststellen sollte, daß er dort
nichts lernen oder beitragen kann, soll er sich doch als Hummel oder
Schmertterling tummeln. In Übergröße auf einem Plakat
an die Wand gehängt, werben die beiden Insekten für die Freiheit,
das Gesetz auch während der laufenden Workshops anzuwenden.
Sich tummeln wie die Hummeln
Die Hummeln - so die Ermunterung - fliegen vom einen Workshop zum nächsten,
tragen hier etwas bei und befruchten dort ein wenig, oder treffen vielleicht
unterwegs einen Schmertterling, der es sich gerade irgendwo in der Sonne
ein wenig bequem gemacht hat und seinen Gedanken freien Lauf läßt.
Dieses Aufgeben von Kontrolle lößt bei vielen der Teilnehmer
ein Gefühl von Unsicherheit und Konfusion aus. So erreicht an diesem
Punkt die Irritation einen weiteren Höhepunkt
be prepared
to be surprised
ungläubiges Staunen steht in vielen Gesichtern,
verstohlene Seitenblicke fliegen Richtung Präsident Karl Bochsler
und die Frage steht im Raum, meint sie das wirklich ernst?.
In welchem meeting haben Sie sonst die Gelegenheit, mittendrin
aufzustehen und zu gehen, sagt sie weiter, und seien Sie
bereit, jederzeit die Verantwortung für sich zu übernehmen.
Das Wichtigste in Ihrer Einstellung für die nächsten drei
Tage ist Ihr Bewußtsein: Es ist meine Zeit - mein Open Space.
Daß die Themen in Abhängigkeit von den Commitments nachhaltig
behandelt werden, sagt sie noch und: Gut, so einfach ist das.
Dann setzt sie sich wieder in den Kreis. Der Raum ist geöffnet
Für das eigene Thema aufstehen
Lang war die Rede der Moderatorin nicht. Nur ein paar Minuten. Aber
sie hat die Wirkung eines Blitzeinschlags. Die knappe Einführung
sollte die Teilnehemer in Erstaunen versetzen, in den Zustand von Veränderungsfähigkeit
und Selbstverantwortung. Für die Moderation gilt in diesem Moment,
den Rahmen zu stecken und die Energie zu halten.
Einen Moment herrscht absolute Stille, dann scheinen sie verstanden
zu haben, daß es keine andere Tagesordnung gibt als die, die sie
jetzt selber machen. Und dann steht einer nach dem anderen auf, nimmt
einen Bogen Papier und setzt sich wieder hin. Der Stapel wird schnell
kleiner, die Themen brennen anscheinend unter den Nägeln und in
wenigen Minuten gibt es kein Blatt mehr. Alle schreiben, Stille, Konzentration,
Abwarten
Kurz darauf tritt der Erste in den Kreis, nimmt das Mikrophon, nennt
seinen Namen, sagt sein Thema: Wie präsentieren wir rasch
EINE Offerte über MEHRERE Geschäftsbereiche? Er wählt
eine passende Zeit für seinen Workshop und das erste kleine Plakat
hängt am Anschlagbrett. Ein Project Financing
entsteht, jemand behauptet Weniger ist mehr, oder Konzentration
NUR auf das, was uns weiterbringt
, ein anderer fragt Machen
wir den Vertrieb richtig? und wieder jemand will wissen, wie die
Verrechnung bei verlorenen Infra-Aufträgen funktionieren
soll.
Die Plakate fliegen geradezu an die Wand und in kürzester Zeit
entstehen 37 Workshops. Die Themen sind noch nicht sehr divers, ein
Phänomen, daß normal ist am ersten Tag von Open Space - aber
das wird sich morgen ändern. Denn häufig bringt der zweite
Tag neue Themen mit sich, man geht mehr in die Tiefe, kommuniziert offener
und packt mehr kulturelleThemen an.
Der Moderator als Modellfür einen neuen Führungstil
Nun wird der Marktplatz eröffnet. Alle Teilnehmer versammeln
sich vor der langen Agenda-Wand. Tumult entsteht, Hin- und Herlaufen,
manche tragen sich spontan bei einigen Angeboten ein, andere studieren
erst ausgiebig. Zeiten werden geändert, Namen wieder durchgestrichen
und es bilden sich kleine Gruppen von Leuten, die verhandeln, ob man
nicht etwas verschieben oder anderes zusammenlegen könne. Das Chaos
ist perfekt - jeder sucht auf seine Weise seinen Weg durch die gemeinsame
Konferenz.
Manch einer ist unsicher, weiß nicht so recht, wie er diesen Weg
finden soll und richtet eine Bitte an die Moderatorin, sie möge
das Chaos doch ein bißchen lichten. Spätestens hier wird
deutlich, daß ein Auftraggeber für Open Space mit Komplexität
und Unvorhersagbarkeit umgehen können muß. Eine Fähigkeit,
die heute von Führungskräften gefordert ist. Open Space trainiert
sie, in Konfliktsituationen nicht in die Selbstorganisation einzugreifen.
Dadurch kommt es zu einem Lernschub für das gesamte System. Es
lernt, solche Situationen selbst zu lösen.
Die Technologie bildet im Hier und Jetzt eine Matrixstruktur, bei der
der Chef als Gleicher unter Gleichen wirklich mittendrin sitzt. Hier
ist ein Übungsfeld für neue Strukturen und Verhaltensanforderungen,
für die der Moderator eine Modell-Rolle übernimmt. Hier braucht
es eine gewisse Chaos-Toleranz, um Spannungen und Ambivalenz für
die Gruppe zu tragen, anstatt einzugreifen. Durch Open Space ist die
Führung im System verteilt - und deshalb überläßt
die Moderatorin auch die Teilnehmer von Sulzer Infra weitgehend
sich selbst. Mit wenigen Worten und unterstützenden Fragen wie
Was interessiert Sie denn im Moment am meisten? gibt sie
die Initiative an die Bittsteller zurück.
Owen: Open Space is driven by passion and responsybility
Plötzlich, wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, löst sich
die Menschenmenge vor dem Anschlagbrett auf und die Teilnehmer verschwinden
nach und nach in den sieben ausgewiesenen Räumen des Hotels. Es
ist mittlerweile 10:30 Uhr, die erste Session beginnt. In einem kleinen
Raum treffen sich drei von ihnen, woanders sitzen 15 und eine Gruppe
von über 20 Personen bildet einen kleinen Kreis im großen
Saal. Die jeweiligen Themenstifter übernehmen eine Art Moderatorenrolle
- die Arbeit beginnt. Die Konferenz in Fürigen nimmt ihren typischen
Verlauf.
Die Teilnehmer arbeiten intensiv und haben viel Spaß dabei. Zweimal
treffen sie sich noch im Plenum zu Abend- und Morgennachrichten,
ehe sie am letzten Tag den Space mit einer Priorisierung der Themen
und Verabschiedung von Aktionsplänen wieder schließen. Das
Prinzip Selbstorganisation hat funktioniert, Selbstverantwortung ist
entstanden. Shared Leadership soll auch weiterhin ein Thema
sein im Unternehmen.
Präsident Karl Bochsler von Sulzer Infra formulierte das in der
Schlußrunde so: Diese Tage haben in mir Glauben und Vertrauen
bestärkt. Ich komme ja aus der kkk-Ära: kommandieren, kontrollieren,
korrigieren - aber mein Mut, mit Open Space loszulassen, hat sich gelohnt.
Ich habe vor allem gelernt, daß Sie andere Themen sehr viel stärker
beschäftigen, als ich es dachte. Wenn ich spüre, daß
wir das alles gemeinsam wirklich teilen, kann ich nur sagen: go ahead
5.000 people!
Es gibt einen einzigen Weg, der den Mißerfolg einer Open
Space-Konferenz garantiert, und das ist der Versuch, die Kontrolle zu
behalten, sagt Harrison Owen. Auf Kontrollfunktionen - die üblicherweise
als Innovationshemmer wirken - verzichtet die Technologie vollkommen.
Das hat Michael Bock, Leiter der Begegnungskommunikation für den
Vertrieb PKW bei Daimler Chrysler so erlebt: Ich kam in Kontakt
mit der visionären Energie der einzelnen Mitarbeiter, was natürlich
ganz anders ausgesehen hat, als ich es mir vorgestellt hatte. Das brachte
Überraschungen mit sich, mit denen ich umgehen muß - die
ich aber auch nutzen kann.
Sein Kollege Helmut Altemöller, Leiter der Mercedes Benz Niederlassung
Frankfurt machte damit nicht nur positive Erfahrungen: Die Konferenz
hatte einen sehr stark integrierenden Aspekt, wir haben viele gute Ideen
rekrutiert, hatten aber auch das Problem, daß wir durch den Titel
Open Space Erwartungen geweckt haben, die wir nicht erfüllen können.
Z.B. als es um ein komplett anderes Datenverarbeitungssystem ging -
da sind wir vom Konzern abhängig und können nichts ändern.
Die Rahmenbedingungen sollten deshalb genauer definiert sein, als wir
das getan hatten.
Open Space ist eine Haltung
Die Open Space-Technology ist am effektivsten für Gruppen und Organisationen,
die dringend radikaler Erneuerung bedürfen. Dabei ist sie - laut
Harrison Owen - nicht nur eine höchst effektive Methode, sondern
viel mehr eine Frage der Einstellung und der Haltung. Prof. Dr. Bruno
O. Braun war dennoch zunächst sehr skeptisch, am Ende aber
überzeugt.
Der Vorstandsvorsitzende der Unternehmensgruppe TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg
hatte sich im Rahmen der Fusion beider Unternehmen für Open Space
entschieden. Die Konferenz hat einen wichtigen Beitrag geleistet,
zwei unterschiedliche Unternehmeskulturen zusammenzuführen. Ohne
das übliche Diktat einer vorgegebenen Tagesordnung haben unsere
Führungskräfte unternehmerische Ziele klar definiert und deren
Umsetzung im Anschluß erfolgreich abgeschlossen, resümmiert
er zufrieden.
In seinem neuen Unternehmen hatte die Konferenz einen ungeplanten,
aber nicht seltenen Nebeneffekt. Personalleiter Jürgen Ochel berichtet,
daß der Geist von Open Space um sich greife. Wo sonst Verschiedenes
auf der Tagesordnung erscheint, würden heute immer wieder Teile
von Besprechungen im Stil von Open Space durchgeführt.
Einen anderen Effekt betont Birgit van Rickelen, die Personalleiterin
des Unternehmensbereiches Dienstleistung bei Hewlett Packard: Ich
sehe den Erfolg dieser Art zu arbeiten vor allem in der enormen Vernetzung,
die sonst von unserer Organisation in solchem Maße nicht verlangt
wird.
10 oder 1.000 Teilnehmer
Open Space macht Spaß und soll Spaß machen - denn er stellt
einen Raum dar, in dem high learning, high play, high spirit und high
results stattfinden können. Das funktioniert wohl auch dann, wenn
es innerhalb einer dreitägigen Veranstaltung nur einen Tag im Open
Space-Format gibt. Wie bei der Bonner Stiftung Mitarbeit, deren Geschäftsführer
Dr. Adrian Reinert zu einer Tagung mit 150 Kommunalpolitikern, Menschen
aus der Verwaltung, aus Bürgerinitiativen, Aktionsgruppen, von
Universitäten und Fachinstituten geladen hatte.
Er berichtet, daß in den Gruppen sehr viel ausgewogener
als sonst diskutiert wurde. Ich empfand die Effizienz als sehr hoch.
Es wurde eine enorme Aktivität gefördert, die Ressourcen der
Teilnehmer voll genutzt - jeder war quasi ein Experte. Es kommt viel
mehr dabei raus, als wenn Vorträge mit anschließenden Diskussionen
abgehalten werden, weil man da meistens nur an den Vorträgen entlang
diskutiert.
Ob sich der Space nun für 10 oder 1.000 Menschen geöffnet
hat, am dritten Tag der klassischen OS-Konferenz geht es in die Phase
der Priorisierung. Dabei werden je nach Menge der Teilnehmer die sieben
bis 20 zentralen Themen herausgefiltert, denen in Zukunft besondere
Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Wie bei der DASA, wo entschieden wurde, daß alle tausend Führungskräfte
per Intranet zu einem Ranking-Prozess aufgefordert werden würden,
an dessen Ende eine Rangliste der Workshop-Themen stand. Im Anschluß
trafen sich elf der Workshop-Initiatoren, der Personalchef, Personal-
und Organisationsentwickler Bernd Andresen und der Moderator, um aus
den 51 Workshops sieben Themenblöcke zu clustern. Per Intranet
erging die Bitte um Feedback an die Themenstifter, ob man sich wiederfinde.
Je zwei von ihnen lassen sich nun von ihrer Gruppe ein Mandat geben,
überlegen, wie es weitergehen soll, und werden demnächst als
Abordnung mit der Geschäftsführung weiter beraten. Open Space
zieht seine Kreise
Geschichte: Who opened the Space first?
Alles begann - so erzählt Harrison Owen, der Entwickler von Open
Space gern - mit einer internationalen Konferenz, die er anfang der
Achtziger mit viel Einsatz vorbereitet hatte. Die anschließende
Befragung der Teilnehmer ergab zwar eine Würdigung der aufwendigen
Tagung. Aber begeistert zeigten sie sich von den informellen Gesprächen
in den Kaffeepausen. Da hatte man frei, tiefgreifend und effektiv über
die drängendsten Themen gesprochen. Da war der Austausch lebendig
und sprudelnd gewesen. Dort hatten sich lebendige Netzwerke gebildet.
Inspiriert begann der erfahrene Organisationsberater Owen daraufhin
den Prozeß dieser Pausen-Gespräche zu erforschen. Aufgrund
seiner Recherchen entwickelte er eine Konferenz der Kaffeepausen und
veranstaltete das erste Open Space Symposium für Organisationstransformation.
Er und befreundete Kollegen experimentierten mit dem neuen Konzept für
Business Meetings und begannen - vorerst nur in den USA - Facilitators
auszubilden. Seit Mitte der Achtziger verbreitet sich Die Open Space
Technology in rasantem Tempo rund um den Globus.
Für wen Open Space geeignet ist
Open Space eignet sich für Unternehmen ebenso, wie für kommunale,
soziale oder regionale Systeme und berufliche Gruppierungen, die Antworten
auf komplexe Zukunftsfragen suchen oder ihrer Veränderungsgeschwindigkeit
erhöhen wollen. Auslöser für einen Open Space kann auch
eine Gruppe von Menschen sein, die nach neuen Wegen für ein Thema
sucht, das - seiner Komplexität wegen - mit herkömmlichen
Mitteln nicht lösbar erscheint oder in eine Sackgasse geraten ist.
Da die Vielfalt der Personen das Potential der Lösungsqualität
beinhaltet, sollten alle denkbaren Perspektiven vertreten sein. Bezogen
auf ein Unternehmen können dies betriebliche Funktionsgruppen,
organisatorische Hierarchiestufen, thematische Interessengruppen, aber
auch Kunden, Lieferanten oder Anwohner sein. Für alle muß
allerdings die Freiwilligkeit gewährleistet sein.