Zwei 
            Krankenhäuser entwerfen in zweieinhalb Tagen ihre gemeinsame 
            Zukunft
          Dr. 
            Matthias zur Bonsen, Dr. Stefan Michallik, Christian Uhl
           veröffentlicht 
            in: Krankenhaus-Umschau, März 20000
          
          
          
          Die 
          "Zukunftskonferenz" ist eine Methode, mit der eine große 
          Gruppe (bis ca. 72 Personen) ihre gemeinsame Zukunft planen und in die 
          Hand nehmen kann. Im Herbst 1998 wurde sie zum ersten Mal in zwei deutschen 
          Krankenhäusern, die fusioniert hatten, eingesetzt. Die Geschäftsleitung 
          wollte die Führungsmannschaften beider Häuser rasch zusammenwachsen 
          und gemeinsame Ziele entwickeln lassen. Im folgenden Beitrag wird anhand 
          dieses Praxisbeispiels nicht nur aufgezeigt, wie eine Zukunftskonferenz 
          vorbereitet und durchgeführt wird, sondern auch, wie die anschließende 
          Umsetzung der beschlossenen Projekte gelingen kann.
          
          Die Fusion
          
          Anfang 1998 fusionierten das Marienhospital in Marl (316 Betten) und 
          das Gertrudis-Hospital in Herten-Westerholt (180 Betten). In Anbetracht 
          der anhaltenden Turbulenzen im Gesundheitswesen sollten die Stärken 
          der beiden katholischen Häuser, die lediglich 6 km auseinander 
          liegen, miteinander kombiniert werden. Beide Häuser waren bisher 
          erfolgreich: Ihr guter Ruf in der Region und die entsprechende Belegung 
          zeigen dies. Rechtzeitiges Handeln solle dafür sorgen, daß 
          die Zukunft der Häuser gesichert bleibt.
          
          Vorbereitung der Zukunftskonferenz
          
          Nach der Fusion ist eine interdisziplinäre Planungsgruppe, in der 
          auch Vertreter des Aufsichtsrats und der Geschäftsleitung vertreten 
          waren, installiert worden. Sie hatte die Aufgabe, eine 2_-tägige 
          Zukunftskonferenz vorzubereiten.
          Das Konzept der Zukunftskonferenz ist ausgewählt worden, weil sich 
          mit dieser Methode relativ schnell ein umfassender Wandel in Organisationen 
          initiieren läßt: Innerhalb weniger Tage können Mitarbeiter 
          aller Hierarchieebenen und aller Berufsgruppen in die Strategiefindung 
          und in die Umsetzungsplanung eingebunden werden. Dies führt eher 
          dazu, daß die gefundenen Lösungen realisierbar sind und von 
          den Betroffenen akzeptiert und mitgetragen werden.
          Bei einer Zukunftskonferenz ist es wichtig, das "ganze offene System" 
          in einen Raum zusammen zu bringen, damit möglichst viele unterschiedliche 
          Perspektiven eingebracht und gegeneinander abgewogen werden können. 
          Dementsprechend hat die Planungsgruppe sich entschieden, 74 Führungskräfte 
          und Mitarbeiter der verschiedensten Berufsgruppen und Bereiche gezielt 
          einzuladen: Vom Aufsichtsrat über Krankenhausleitung über 
          alle Abteilungs- und viele Stationsleitungen bis hin zum Krankenhausseelsorger 
          und Sozialarbeiter. Die Mitarbeitervertretung ist ebenfalls eingeladen 
          worden - sie war bereits in der Planungsgruppe vertreten. Zusätzlich 
          waren einige wenige Externe eingeladen, so zum Beispiel der Patientenfürsprecher 
          oder die Leitung der kooperierenden Sozialstation.
          Nachdem die Einladungen verschickt waren, entstand in den beiden Häusern 
          eine recht gemischte Stimmung: Viele waren einfach nur neugierig. Manche 
          meinten eher ungeduldig, daß es Zeit würde, neue Zukunftskonzepte 
          zu entwickeln. Andere waren einfach nur irritiert, daß sie "als 
          kleine Nummer" zu einem so wichtigen Anlaß eingeladen werden. 
          Und einige reagierten mit Unverständnis: Warum so ein großer 
          Aufwand? Die Probleme und Lösungen seien doch längst bekannt!
          
          Zukunftskonferenz
          
          Im November 1998 ist es soweit: 74 Führungskräfte und Mitarbeiter 
          betreten einen großen hellen Saal, in dem neun runde Tische stehen. 
          Die Tische sind numeriert und eine Liste legt fest, wer an welchem Tisch 
          sitzt: Zu Beginn sitzen alle Teilnehmer bunt gemischt an den Tischen. 
          Im Verlauf der Zukunftskonferenz gibt es auch Phasen, wo die Teilnehmer 
          an homogenen Tischen sitzen, dann gibt es beispielsweise reine Pflege- 
          und Ärztetische.
          Für jeden Teilnehmer liegt eine Mappe mit Unterlagen bereit: Arbeitsblätter 
          und weitere Informationen zu den Aufgaben, die in den kommenden Tagen 
          in Gruppenarbeit bearbeitet werden.
          Ein ständiger Wechsel zwischen Einzel- und Gruppenarbeit an den 
          Tischen sowie Präsentationen und Diskussionen im Plenum wird von 
          zwei Moderatoren begleitet.
          
          Die Arbeitsgruppen an den Tischen organisieren sich selbst: Sie bestimmen 
          für jede Aufgabe, die sie bearbeiten, einen Moderator, einen Schreiber, 
          einen Zeitnehmer und einen Sprecher. Damit ist sichergestellt, daß 
          die Zwischenergebnisse an den Tischen auf Flipcharts dokumentiert werden.
          Ergänzend protokolliert ein Mitarbeiter des Krankenhausträgers 
          mit Hilfe eines Laptops die Plenumsbeiträge. So können die 
          übrigen Mitarbeiter umfassend über die Zukunftskonferenz informiert 
          werden.
          
          Rückblick in die Vergangenheit
          
          Nach einer kurzen Begrüßung durch den Aufsichtsrat beginnt 
          der Rückblick in die Vergangenheit. Er steht unter dem Motto: "Wer 
          die Vergangenheit nicht kennt, ist verdammt, die Fehler der Vergangenheit 
          zu wiederholen."
          Nach kurzer Einzelarbeit werden im Plenum große Plakatwände 
          mit der Geschichte der Teilnehmer, der beiden Krankenhäuser und 
          ihres Umfelds erstellt. Eine Auswertung in Gruppen und im Plenum ergibt 
          etliche Parallelen in der Geschichte beider Häuser. Ein Wir-Gefühl 
          zwischen den beiden Krankenhäusern wird jedoch noch allgemein vermißt. 
          Dieses Wir-Gefühl konnte auch in der kurzen Zeit seit der Fusion 
          mangels Gelegenheiten zum Zusammenwachsen noch nicht entstehen.
          
          Gegenwart 1: externe Trends
          
          Zunächst wird mit allen Teilnehmern ein großes Mind-map der 
          Trends erstellt, die die beiden Krankenhäuser heute und in Zukunft 
          beeinflussen werden. Diese Trends werden von allen mittels Klebepunkten 
          gewichtet. Als zentrale Trends werden beispielsweise identifiziert:
          - Der Kostendruck steigt.
          - Patienten und Angehörige werden aufgeklärter und anspruchsvoller. 
          Sie erwarten mehr Freundlichkeit und Qualität. Und sie informieren 
          sich im Internet.
          - Patienten werden älter, Demenz nimmt zu.
          - Neue Behandlungsmethoden entstehen.
          - Der Einfluß der Medien nimmt zu, Öffentlichkeitsarbeit 
          wird wichtiger.
          Anschließend hat jede Gruppe die Aufgabe, drei aus ihrer Sicht 
          besonders wichtige Trends auszuwählen und dazu zu erarbeiten, was 
          heute schon getan wird und künftig zusätz-lich getan werden 
          sollte.
          
          Gegenwart 2: Stolz und Bedauern
          
          Die Frage, worauf die einzelnen Gruppen stolz sind, ergibt beispielsweise, 
          daß die Ärzte stolz auf ihren hohen Arbeitseinsatz sind. 
          Die Funktionsdienste sind stolz auf ihren Mut für Entwicklungsprozesse. 
          So benennt jede Gruppe Leistungen, auf die sie stolz sind.
          Die Frage nach dem Bedauern ist schon etwas schwieriger zu beantworten. 
          Denn hier sollen die Gruppen nicht mit dem Finger auf andere, sondern 
          auf sich selbst zeigen. Wo hätten sie selbst besser sein können, 
          als sie waren. Eine Gruppe bedauert, nicht zu agieren, sondern nur zu 
          reagieren. Andere bedauern, daß sie selber nicht ausreichend informieren. 
          Dabei gibt es auch Gemeinsamkeiten: Pflege und Ärzte bedauern das 
          gleiche Problem, nämlich die mangelnde Kommunikation miteinander.
          
          Zukunft: gewünschte Visionen
          
          Die Teilnehmer sitzen hier wieder in interdisziplinären Gruppen. 
          Unter dem Motto: "Es darf geträumt werden!" entwerfen 
          sie ihr ideales Krankenhaus im Jahr 2005. Dabei werden sowohl die vorher 
          erarbeiteten Trends wie auch die identifizierten Defizite berücksichtigt. 
          So entstehen Zukunftsentwürfe, die zugleich visionär und realistisch 
          sind. Diese werden in phantasievollen Inszenierungen dargestellt. Die 
          meisten Gruppen präsentieren einen kleinen Sketch.
          So führt Tisch Nr. 1 zukünftige Besucher in Touristenbussen 
          durch die Klinik 2005 und zeigt u. a. die (Physiotherapie-)Abteilung 
          "Sonnenschein", die aus ihrem dunklen Kellerdasein erlöst 
          wird.
          Einige Sketche lösen Heiterkeit, teils auch Nachdenklichkeit aus. 
          Das Spektrum reicht von einem Interview mit Patienten im Jahr 2005 bis 
          zu Zauberkunststücken (zum Stopfen der finanziellen Löcher).
          Die anschließende Analyse zeigt, daß es viele Gemeinsamkeiten 
          in den einzelnen Beiträgen gibt, z.B.: Fortschrittliche Medizin, 
          besserer Service für Patienten, bessere Kommunikation der Mitarbeiter 
          untereinander und eine gehobene Ausstattung.
          
          Gemeinsame Ziele
          
          Auf dieser Grundlage werden in weiterer Gruppenarbeit Ziele herausgeschält, 
          denen die gesamte Gruppe zustimmen kann. Schließlich stehen 66 
          Ziele auf getrennten Papierstreifen und kön-nen so anschließend 
          leichter im Plenum sortiert werden. Entweder kommt ein vorgeschlage-nes 
          Ziel zu den Pinwänden mit der Überschrift "Konsens" 
          - oder zu den "Ungelösten Differenzen". Es ist eine sehr 
          spannende Phase der Zukunftskonferenz, da sich jetzt zeigt, wieviel 
          Gemeinsam-keit zwischen den Teilnehmern bereits vorhanden ist - und 
          wieviel erst noch erarbeitet werden muß.
          54 Zielen wird von allen Teilnehmern dieser Zukunftskonferenz zugestimmt, 
          z.B.:
          - Einrichtung einer zentralen Patientenaufnahme in den beiden Häusern
          - Weiterbildungsangebote für Patienten und pflegende Angehörige
          - Regelmäßige Teamgespräche
          Mancher Zustimmung ist zuvor eine kurze Diskussion vorausgegangen. Bei 
          weiteren 12 Zielen hat sich schnell gezeigt, daß die große 
          Gruppe sich nicht einigen kann. Zu diesen ungelösten Differenzen 
          gehören z.B.:
          - Nur 1- und 2-Bett-Zimmer
          - Kindergarten
          - Menu à la Carte
          
          Maßnahmen planen
          
          Die letzte große Aufgabe besteht darin, die Realisierung der wichtigsten 
          gemeinsamen Ziele zu planen. Zunächst melden sich freiwillige "Fahnenträger", 
          Teilnehmer also, die bereit sind, ein Ziel mit einer Gruppe zu bearbeiten. 
          Nach kurzer Zeit stehen 11 Fahnenträger an 11 Flipcharts, auf die 
          sie das von ihnen gewählte Ziel geschrieben haben. Gewählt 
          werden beispielsweise:
          - Einführung von Qualitätssicherung
          - Interdisziplinäre Zusammenarbeit
          - Öffentlichkeitsarbeit und Internet
          - Sterbebegleitung
          Die übrigen Teilnehmer ordnen sich den so neu entstehenden Projektgruppen 
          zu. Die Freiwilligen werden zu Projektleitern und beginnen, unmittelbar 
          mit den Gruppen ein Konzept zur Erreichung des Ziels zu erarbeiten.
          Abschließend wird ein Termin mit der Geschäftsleitung vereinbart, 
          zu dem die Projektgruppen ihre Konzepte vorstellen und einen klaren 
          Projektauftrag mit der Geschäftsleitung vereinbaren.
          In der Abschlußrunde wird deutlich das Erstaunen darüber 
          formuliert, wie intensiv und zügig 74 Personen, die sich teilweise 
          noch gar nicht kannten, an so wichtigen Themen arbeiten konnten. Die 
          Ergebnisse beeindrucken, doch sie lösen auch Skepsis aus: Wird 
          alles umgesetzt, werden die neuen Vorsätze gelebt - oder wird doch 
          vieles wieder im Alltag untergehen?
          Schon jetzt ist aber für alle spürbar geworden, daß 
          die Mitarbeiter beider Häuser ein ganzes Stück mehr als vorher 
          zusammengewachsen sind. Gemeinschaftsgeist und auch Aufbruchstimmung 
          sind entstanden. Und wie nie zuvor haben Menschen aus allen Berufsgruppen 
          und Hierarchieebenen zusammengearbeitet. Eine Konferenzkultur ist entstanden, 
          die auf den Alltag abfärbt.
          
          Weiterer Verlauf
          
          In den Tagen nach der Zukunftskonferenz wird mit der Umsetzung der Ergebnisse 
          begonnen. Die Geschäftsleitung beschließt, daß die 
          Projekte möglichst bald beginnen sollen. Der Qualitätsmanagement-Beauftragte 
          bekommt den Auftrag, die Projektleiter bei der Durchführung der 
          Projekte zu unterstützen und die Geschäftsleitung regelmäßig 
          über den Fortgang zu unterrichten.
          
          Projekte
          
          Damit die Projektleiter und ihre Projektgruppen möglichst arbeitsfähig 
          werden, erhalten alle Projektleiter und ihre Stellvertreter zwei Monate 
          nach der Zukunftskonferenz eine kurze, intensive Schulung in Projektmanagement. 
          Der Schwer-punkt des Seminars liegt bei der Erarbeitung von präzise 
          formulierten Projektaufträgen für die einzelnen Projektgruppen. 
          Bei der Abklärung der Themen stellt sich heraus, daß zwei 
          Projektgruppen recht ähnliche Aufträge haben und besser fusionieren.
          Seit der Beauftragung durch die Geschäfts-leitung arbeiten 10 Projektgruppen 
          häuserübergreifend an der konkreten Umsetzung der gemeinsam 
          verabschiedeten Themen. Durch die regelmäßige Betreuung der 
          Projektgruppen durch den Qualitätsmanagement-Beauftragten der beiden 
          Krankenhäuser ist sichergestellt, daß kein Thema versandet 
          und die Geschäftsleitung über die Entwicklung der Projekte 
          informiert wird.
          Dadurch liegen heute - ein Jahr nach der Zukunftskonferenz - neben IST-Analysen 
          verschiede-ner Projektgruppen bereits Konzepte vor, die sich in der 
          Umsetzung befinden:
          - Im Projekt "Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit" 
          ist u.a. ein Konzept für die Moderatorenausbildung erarbeitet worden: 
          Die Geschäftsfüh-rung war mit der Umsetzung dieses Konzeptes 
          einverstanden und stellte auch die finanziellen Mittel zur Verfügung. 
          Die Ausbildung hat bereits begonnen.
          - Das Konzept für die Internet-Darstellung steht; die ersten Musterseiten 
          sind fertig.
          - Die Gruppe "Qualitätssicherung" hat in verschiedenen 
          Sitzungen ein Konzept zur Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen 
          entwickelt. Auf dieser Grundlage wird eine volle Stelle für einen 
          Qualitätsmanagement-Beauftragten geschaffen.
          - Die Projektgruppe "Soziale Dienstleistungen" hat u.a. einen 
          einheitlichen Konsiliarschein für die Sozialdienste in den beteiligten 
          Häusern gestaltet.
          - Die Projektgruppe "Menschlichkeit, Freundlichkeit und familiäre 
          Atmosphäre" hat in verschiedenen Abteilungen die Neubebilderung 
          angeregt und durchgeführt. Zusätzlich werden für jede 
          Station individuelle Wegweiser-Karten für die Patienten erstellt.
          - Die Projektgruppe "Zentrale Aufnahme" hat für die Abteilung 
          Chirurgie in Marl eine zentrale Aufnahme installiert, die mit großem 
          Erfolg arbeitet. Ein Antrag zur finanziellen Förderung einer zentralen 
          Aufnahme für das Marien-Hospital Marl ist bei der Bezirksregierung 
          Münster gestellt.
          - Die Projektgruppe "Sterbebegleitung" hat eine Evaluierung 
          der Sterbebegleitung in den Betriebsstätten durchge-führt. 
          Sie organisierte zur Sensibilisierung für die Thematik mehrere 
          öffentliche Vorträge und eine Podiumsdiskussion mit dem Thema: 
          Begleitung bis zuletzt. Zur Zeit wird eine "Handreichung zur Sterbebegleitung" 
          erarbeitet.
          - Die Projektgruppe "Arbeitserleichterung durch EDV-Vernetzung" 
          hat nach der Konzepterarbeitung mit der Umsetzung begonnen: In Westerholt 
          arbeiten die Innere Abteilung und in Marl die Urologische Abteilung 
          bereits mit dem neuen gemeinsamen System. Nachdem das Pro-gramm in den 
          beiden Abteilungen zufriedenstellend läuft, wird es nun nach und 
          nach von den anderen Fachabteilungen übernommen.
          - Zum Thema "Erlössteigerung" sind verschiedene Konzepte 
          von der Geschäftsleitung aufgegriffen worden und befinden sich 
          in der Umsetzung. Dazu gehört auch ein Diabetes-Zentrum, das bereits 
          die ersten Patienten behandelt hat.
          Als ein Jahr später alle Teilnehmer wieder zu einer zweiten Konferenz 
          (siehe unten) zusammenkommen, werden die hier nur verkürzt dargestellten 
          Ergebnisse von den Projektleitern dem Plenum vorgestellt. Und damit 
          wird allen bewußt, wieviel doch in dem einen Jahr geschafft wurde.
          Zur Projektarbeit gehört es, daß zeitweise für Einzelfragen 
          Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Auf diese Weise sind noch zahlreiche 
          weitere Mitarbeiter in den Entwicklungsprozeß eingebunden worden.
          
          Weitere Fusion
          
          Während der Projektarbeit hat ein drittes Krankenhaus - das St. 
          Sixtus-Hospital in Haltern (220 Betten) - Interesse ein einer Zusammenarbeit 
          bekundet und wenige Monate später mit den beiden anderen Häusern 
          fusioniert.
          Damit die Integration in den begonnenen Entwicklungsprozeß möglichst 
          reibungslos stattfinden kann, hat das St. Sixtus-Hospital Vertreter 
          in jede Projektgruppe entsandt. Diese neuen Mitglieder der Projektgruppe 
          bringen weitere Ideen aus ihrem Haus in die Projekte ein und prüfen, 
          inwiefern bisherige Ergebnisse auf das St. Sixtus-Hospital übertragen 
          werden können.
          Auf der Geschäftsleitungsebene entscheiden seit der Fusion die 
          drei Geschäftsführer der Häuser gemeinsam über den 
          Fortgang der Projekte.
          
          Folgekonferenz
          
          Eine 1-tägige Folgekonferenz im Oktober 1999 dient einerseits der 
          Präsentation der bisherigen Ergebnisse, andererseits sollen vor 
          allem weitere Mitarbeiter aus allen drei Häusern die Möglichkeit 
          erhalten, neue Themen und Ideen einzubringen und Maßnahmenvorschläge 
          zu diskutieren.
          Als Methode hat sich der Aufsichtsrat für eine Open-Space-Veranstaltung 
          entschieden. Wie bei der Zukunftskonferenz handelt es sich beim Open-Space-Ansatz 
          um die interdisziplinäre Arbeit in einer Großgruppe, in der 
          ein Aktionsplan entworfen wird.
          
          Open Space
          
          Im Unterschied zu einer Zukunftskonferenz ist eine Open-Space-Veranstaltung 
          wesentlich weniger strukturiert: Es gibt keine vorbereiteten Arbeitsaufgaben 
          und auch keine Zuordnung von Teilnehmern zu Tischen.
          Zu Beginn dieser zweiten Konferenz sitzen vielmehr alle Teilnehmer im 
          Kreis, in dessen Mitte Stifte, Papier und ein Mikrofon liegen. Jeder 
          Teilnehmer - gleich welcher Hierarchiestufe oder Berufsgruppe - kann 
          in die Mitte gehen und ein Thema aufschreiben und erläutern. Dies 
          wird an eine vorbereitete Wand gehängt.
          Von dieser Möglichkeit machen die Mitarbeiter der drei Krankenhäuser 
          eifrig Gebrauch. So werden z.B. folgende Themen vorgeschlagen:
          - Arbeitsablauforganisation
          - Hausarzt-Krankenhaus-Kommunikation
          - Station für Kurzlieger
          Insgesamt kommen von den 103 Teilnehmern 22 Themen. Sie werden in Freiwilligengruppen 
          bearbeitet. Jeder macht da mit, wo es ihn am meisten hinzieht. Auf diese 
          Weise entsteht rasch eine zugleich konzentrierte wie kreative Arbeitsatmosphäre.
          Die Gruppen dokumentieren ihre Ergebnisse, vor allem ihre Vorschläge 
          zur weiteren Vorgehensweise, auf Flipcharts. Und noch während der 
          Konferenz werden sie mit Hilfe bereitstehender Notebooks festgehalten. 
          So entsteht eine Dokumentation., die alle nur wenige Tage später 
          erhalten.
          
          Weitere Umsetzung in Projektgruppen
          
          Am Ende dieser zweiten Konferenz wird sichtbar, daß wieder viel 
          Neues angestoßen wurde. Nicht alle der 22 Gruppen werden zu Projektgruppen, 
          doch es sind sehr gewichtige Themen darunter, die eine intensive weitere 
          Bearbeitung verdienen. So vereinbaren die Initiatoren folgender Gruppen, 
          daß sie in Kürze mit der Geschäftsleitung die konkrete 
          weitere Bearbeitung beraten werden:
          - Ambulante Rehabilitation
          - Krebsberatung
          - Patientenschulung
          - Neue Geschäftsfelder
          Ein zweites mal ist die Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit 
          gefördert worden. Das Wir-Gefühl und der "Spirit" 
          wurden erneuert. Die Teilnehmer sind ein zweites mal sehr angetan von 
          dieser Form der Zusammenarbeit in großen Gruppen. In der Schlußrunde 
          wird besonders betont, daß die Teilnehmer recht zuversichtlich 
          sind, daß auch die neuen Ideen umgesetzt werden, nachdem die Projekte 
          der ersten Konferenz so erfolgreich gewesen sind.
          
          Resümee und Ausblick
          
          Eine Zukunftskonferenz ist eine bemerkenswerte Methode, die es Menschen 
          und Gruppen mit unterschiedlichen Interessen ermöglicht, gemeinsame 
          Ziele zu finden. Wie im vorliegenden Fall können mit ihr organisatorische 
          und stimmungsmäßige Veränderungen erzielt werden, die 
          in konventionellen Top-down-Konferenzen nicht erreicht werden können. 
          Zukunftskonferenzen sind eine optimale Planungsstrategie für unklare 
          "Probleme ohne Grenzen" - für vertrackte Dilemmata, die 
          sich im Gesundheitswesen immer häufiger ergeben. Viele Krankenhäuser 
          stehen vor der Herausforderung: Wie können das Leistungsangebot 
          verbessert, gleichzeitig die Kosten reduziert und parallel ein aufwendiges 
          Qualitätsmanagement eingeführt werden - ohne daß das 
          Engagement der Mitarbeiter leidet?
          Der Erfolg einer Zukunftskonferenz setzt jedoch voraus, daß sie 
          in einen Entwicklungsprozeß eingebettet ist: Neben einer sorgfältigen 
          Planung ist das "follow-up" rechtzeitig zu bedenken: Im vorliegenden 
          Fall ist eine Projektorganisation aufgebaut worden, die Projektleiter 
          sind geschult und von einem Qualitätsmanagement-Beauftragten begleitet 
          worden.
          Eine Zukunftskonferenz macht nicht nur Sinn bei Fusionen - eigentlich 
          eine recht spezielle Anwendung - sondern bei allen grundsätzlichen 
          Neuorientierungen von Krankenhäusern oder auch einzelner größerer 
          Abteilungen. In der Regel ist es in diesen Fällen empfehlenswert, 
          Externe mit einzubeziehen. Dies können Einweiser, Vertreter von 
          Kostenträgern oder Patienten und Angehörige sein. Damit ist 
          die Zukunftskonferenz auch ein Instrument, um ein Thema anzugehen, das 
          immer mehr Bedeutung gewinnt: Die Vernetzung zwischen dem ambulanten 
          und dem stationärem Bereich.
          
          
          Zu den Autoren:
          Dr. Matthias zur Bonsen: Mitglied der Beratergruppe Allinone 
          zur Bonsen& Associates, Oberursel, spezialisiert auf Veränderungsprozesse 
          mit großen Gruppen
          Dr. Stefan Michallik: Geschäftsführer der Dr. Michallik Unternehmensberatung 
          GmbH, Wiesbaden, spezialisiert auf Managementberatung im Gesundheitswesen,
          Christian Uhl, Geschäftsführer der Katholischen Kliniken Haltern 
          / Marl / Westerholt GmbH, Marl, www.Katholische-Kliniken.de
           
          
 
          