Konzeption
und Moderation: Peter Bauer und Dr. Matthias zur Bonsen
Bei
Siemens VT werden über 90% aller Kundenaufträge zu Projekten.
Infolgedessen hat die Qualität des Projektmanagements und die Qualität
des Zusammenspiels Projektmanagement - Linie einen großen Einfluß
auf den Erfolg des gesamten Bereichs. Es gab hier jedoch bisher erhebliche
Probleme. Diese wurden auf verschiedene Weise versucht zu lösen,
jedoch mit beschränktem Erfolg. Der Bereichsvorstand entschloss
sich daher, eine große Konferenz zu dem Thema durchzuführen.
Diese fand schließlich unter dem Titel "Tag des Projektmanagements"
mit 200 Teilnehmern statt. Neben dem Bereichsvorstand und den Geschäftsgebietsleitern
waren das 100 Projektleiter und 100 Linienverantwortliche. In diesen
beiden Tagen sollte die Problematik der Situation untersucht und gefühlt
werden, sollte eine gemeinsame "Projektmanagement-Charta"
erarbeitet und sollten daraus Maßnahmen abgeleitet werden. Ein
Entwurf der "Projektmanagement-Charta" wurde vorab von einem
Planungsteam konzipiert. Das Planungsteam, dem neben der federführend
verantwortlichen Revision sowohl Projektleiter wie Linienführungskräfte
angehörten, gestaltete den Ablauf dieser RTSC-Konferenz. Sie wurde
im nachhinein vom Bereichsvorstand und den Teilnehmern als sehr erfolgreich
angesehen, hätte aber noch mehr bewirkt, wenn an den einzelnen
Standorten dieser 12.000-Personen-Organisation weitere Konferenzen stattgefunden
hätten. Dies fand nur an einem Standort (aus dezentraler Initiative)
statt.
Ablauf
der Konferenz:
Begrüßung und Einführung durch den Bereichsvorstand
Stärken und Schwächen unseres Projektmanagements heute
Zu vorher von der Planungsgruppe ausgewählten Themen erarbeiten
gemischte Tische ihre glads, sads und mads. Die Themen
sind:
o Zusammenarbeit Projektmanagement - Linie
o Der Projektleiter als qualifizierter Unternehmer
o Kommunikation innerhalb der Projekte
o Projektmanagement-Werkzeuge
o Projektleitererfahrungsaustausch
o Attraktivität der Projektleiter-Position
Mit Klebepunkten, die jeder im ganzen Raum - also auch bei den Ergebnissen
der anderen Tische - verteilen darf, werden die besonders positiven
und negativen Punkte selektiert. Sprecher präsentieren das zusammengefaßte
Ergebnis von den jeweils vier Tischen, die das gleiche Thema bearbeitet
haben.
Potentiale bei uns und anderen
Die Teilnehmer sitzen jetzt an homogenen Tischen: 11 Tische mit
Projektleitern, 11 Tische mit Linienführungskräften und 2
Tische mit Bereichsvorstand und Geschäftsgebietsleitern. Sie erarbeiten:
Was bedauern wir in Bezug auf unseren Beitrag zum Erfolg des Projektmanagements
an uns selbst? Was brauchen wir von den beiden anderen Gruppen,
um unsere Aufgabe erfolgreicher durchführen zu können? Je
ein Punkt zu diesen Fragen wird von jedem Tisch in einer 1-Minuten-Präsentation
dem Plenum vorgestellt.
Präsentation des Entwurfs der "Projektmanagement-Charta"
durch den Bereichs-vorstand
Projektmanagement 2003
Wieder gemischte Tische entwerfen eine Vision für das Projektmanagement
2003 und stellen diese als Bild oder Collage auf einer Pinnwand dar.
Danach findet eine "Vernissage der Zukunft" statt, wo alle
herumgehen und sich die Visionen der anderen Tische erläutern lassen.
Die "Projektmanagement-Charta" kommentieren
Die Tische erarbeiten Verbesserungsvorschläge für den
Entwurf der "Projektmanagement-Charta". Diese werden mittels
Punktekleben gewichtet.
Die "Projektmanagement-Charta" überarbeiten
Am Abend überarbeitet die Führungsspitze (BV und GG-Leiter)
die "Projektmanagement-Charta" unter Berücksichtigung
der Vorschläge aller Teilnehmer. Das Ergebnis wird noch in der
Nacht geschrieben und für jeden fotokopiert. Am folgenden Morgen
liegt es auf jedem Platz und wird vom Bereichsvorstand vorgestellt.
Geschäftsgebietsbezogene Maßnahmen planen
Die Teilnehmer setzen sich an Tische mit Kollegen aus ihrem Geschäftsgebiet.
Die Tische eines Geschäftsgebiets (VT1 bis VT8) stehen immer in
Nachbarschaft. Jeder Tisch wählt sich zwei oder drei Aussagen aus
der "Projektmanagement-Charta" und stimmt sich mit den benachbarten
Tischen so ab, daß sich keine Überschneidungen ergeben. Dann
werden zu diesen Themen Maßnahmen erarbeitet.
Präsentation und Diskussion der Maßnahmen innerhalb der
Geschäftsgebiete
Die Teilnehmer jedes Geschäftsgebiets sammeln sich in einem
Teil des großen Saales, stellen sich gegenseitig ihre Maßnahmen
vor und verabschieden diese.
Präsentation der Maßnahmen der Geschäftsgebiete im
Plenum
Je Geschäftsgebiet stellt ein Sprecher die Maßnahmen
im Plenum vor.
Feedback vom Bereichsvorstand und GG-Leitern
Der Bereichsvorstand und die GG-Leiter erarbeiten ihr Feedback zu
den Maßnahmen und stelen dieses anschließend im Plenum vor.
Parallel erarbeiten die Teilnehmer Bewertungskriterien für einen
künftig zu verleihenden Projektmanagement-Award.
Schlußrunde und Verabschiedung
Zu
dieser Konferenz erschien folgendes Interview mit dem internen Projektleiter
Andreas Klenke in der Ausgabe Januar 99 von ManagerSeminare:
Anfang `98 fand Ihre Konferenz statt. Können Sie schon eine Bilanz
ziehen?
Andreas Klenke: Ich bin gerade dabei zu prüfen, was an den
erarbeiteten Einzelmaßnahmen umgesetzt wurde. Es ist viel realisiert
worden und zwar in einem deutlich höheren Grad, als alles, was
ich sonst erlebt habe. 75% der verabredeten Maßnahmen wurden bereits
umgesetzt.
Worauf führen Sie den Erfolg zurück?
Andreas Klenke: Durch die enorme Transparenz, die entstanden
ist, gehen die Leute jetzt direkt zu ihren Häuptlingen und klagen
ein, was in der großen Runde verabredet wurde. Aber das Beste
daran ist: Der Effekt multipliziert sich. Auch Mitarbeiter, die nicht
dabei waren, machen das. Anfang April gab es zunächst den Tagungsband,
in dem bereits nerste Detailmaßnahmen dokumentiert waren. Das
Buch ist zwar gut zweineinhalb Zentimeter dick, aber ganz offensichtlich
wurde intensiv drin gelesen.
Gab es noch weitere spürbare Auswirkungen?
Andreas Klenke: Ich habe an diversen Sitzungen teilgenommen und
festgesteltl: die Themen leben weiter und wir alle wollen hart am Ball
bleiben. Es hat sich einiges geändert und der Spirit aus der RTSC
ist nach wie vor vorhanden. Einen höchst wirkungsvollen Anstoß
gab es noch einmal nach etwa drei Monaten. In der RTSC hat jeder Teilnehmer
einen Brief an sich selbst geschrieben, in dem er sehr genau aufgelistet
hat, was er in den nächsten 90 Tagen realisieren will. Wir haben
diese Briefe in verschlossenen Umschlägen eingesammelt und nach
90 Tagen ungeöffnet an die Teilnehmer zurückgeschickt. Jeder
hat also seinen eigenen Brief bekommen.
Ich habe einige gefragt, wie hoch die Übereinstimmung mit dem Inhalt
ihrer Briefe sei. Welche sagten, "ich bin stolz auf mich, ich habe
wirklich alles genau so umgesetzt". Andere waren eher etwas bedrückt,
weil sie eben nicht alles gemacht hatten. So konnten wir die Leute bei
ihrer Ehre packen und gleichzeitig wieder ein bißchen Öl
ins Feuer gießen.
Wie wollen Sie die Flamme auf Dauer am Brennen halten?
Andreas Klenke: Wir werden jetzt einen Projektmanagement-Award
ausschreiben. Wir machen das nicht nur, um die Themen weiter heiß
zu erhalten, sondern auch, um für diese Projekte immer wieder zu
werben. Sie sollen einen starken Sog entwickeln.