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HINWEISE
ZUR MODERATION EINER ZUKUNFTSKONFERENZ
Verbesserte
Fassung vom 15.7.99
Dieses Papier ist kein vollständiger Moderations-Leitfaden für
Zukunftskonferenzen. Es stellt nur ein paar Punkte heraus, die in den
einzelnen Phasen der Zukunftskonferenz wichtig sind. (Einige davon haben
wir gelegentlich selbst vergessen, so daß es auch den Charakter
eines Merkblatts hat.)
0. Einführung
Als erstes erläutert der Auftraggeber/Sponsor das Warum und
Wofür der Zukunftskonferenz. Das ist keinesfalls eine triviale
Aktivität. Denn wehe dem Moderator, dessen Teilnehmern Ziel und Zweck
ihres zeitlichen Opfers nicht völlig klar sind. Es kann dann zu einer
Menge Irritationen kommen, die sonst nicht auftreten. Es gibt an dieser
Stelle zwar nur selten Verständnisprobleme, doch fragen Sie im Zweifel
die Teilnehmer nochmals, ob das Ziel klar ist, und lassen Sie den Auftraggeber
ergänzende Erläuterungen machen.
Anschließend geben die Moderatoren eine Einführung zu folgenden
Themen:
- Charakter von Zukunftskonferenzen (Prinzipien)
- Ablauf der Zukunftskonferenz
- 4-Zimmer-Appartement
- Spielregeln
- Vereinbarung Moderatoren - Teilnehmer
- Wechselnde Rollen an den Tischen
- Evtl. Organisatorisches
- Vertrauen Sie dem Prozess
1. Rückblick in die Vergangenheit
Daß es sich lohnt, zurück in die Vergangenheit zu schauen,
ist nicht jedermann von vornherein eingängig. Daher zitiere ich hier
Sprichworte wie Wir haben nur soviel Zukunft wie wir ein Bewußtsein
unserer Vergangenheit haben und Wer seine Vergangenheit nicht
kennt, ist verdammt, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Also lassen Sie uns herausfinden, was aus unserer Geschichte wir
mit in die Zukunft nehmen und was wir zurücklassen wollen.
Man kann auch folgende Geschichte erzählen: Ein Kalif ritt
mit seinem Gefolge durch die Wüste. Sie kamen gut voran, die nächste
Oase war nicht mehr weit, doch plötzlich hielt der zuvorderst reitende
Kalif sein Kamel an, stieg ab und setzte sich in den Sand. Oh Kalif, warum
reitest Du nicht weiter, fragten seine Leute. Der Kalif antwortete: Ich
bin zu schnell geritten, meine Seele ist noch nicht hier. Der Moderator
fährt fort: Sind die Seelen von uns allen schon hier? Oder
sind sie noch beschäftigt mit dem, was wir zuvor getan haben. Und
vielleicht haben wir auch Geschehnisse aus unserer gemeinsamen Vergangenheit
noch nicht zurückgelassen. Der Rückblick in unsere Geschichte
soll uns auch helfen, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und
uns der Zukunft zuzuwenden.
Anmoderation der Einzelarbeit: Man kann in humorvoller Form darauf hinweisen,
daß die Teilnehmer durchaus persönliche Meilensteine in den
Rückblick ihres Lebens einbringen dürfen: Hier dürfen
Sie eintragen, wann Sie Ihr erstes Motorrad bekamen oder wann Sie Ihre
erste Freundin / Freund hatten.... Dann sollte man auch sagen, daß
der Inhalt der Arbeitsblätter zwar später auf die Zeitlinien
übertragen wird, die Blätter jedoch bei jedem selbst bleiben.
Wenn die Teilnehmer zu den Zeitlinien an den Wänden gehen, darauf
hinweisen, daß Ereignisse, die schon auf die Zeitlinie geschrieben
wurden, nicht mehrfach aufgeschrieben werden brauchen. Es ist dann besser,
ein Häkchen neben den Eintragungen anderer anzubringen. So kann man
auch hinterher erkennen, was besonders oft vorkam.
In der folgenden Gruppenarbeit bekommen zwei bis drei Tische die Aufgabe,
die Geschichte des eigenen Systems zu untersuchen und zu erzählen.
Diese Tische sollten solche sein, deren Mitglieder mit der Geschichte
des Systems hinreichend vertraut sind. Man sollte sich die Tische aussuchen,
an denen die Menschen mit hohem Dienstalter sitzen.
Anmoderation der Gruppenarbeit: An dieser Stelle nochmals darauf hinweisen,
daß die Tische einen Moderator, Schreiber, Zeitnehmer und Sprecher
wählen sollen. Wichtig ist auch, daß verstanden wird, daß
die zwei oder drei Tische, die die gleiche Aufgabe haben, diese getrennt
bearbeiten.
Anmoderation der Präsentation: Gleich hier wieder darauf hinweisen,
daß die Zeitnehmer auch während der Präsentation eine
Aufgabe haben: sie sollen dem Sprecher eine Minute vor Ablauf der Zeit
ein Zeichen geben.
Nach der Präsentation der Tische folgende Fragen an alle stellen:
- Was sind Ihre Reaktionen auf das soeben gehörte? (Welche Gedanken
sind Ihnen dabei gekommen?...)
- Später: Was ist das Beste der Vergangenheit, das wir in unsere
Zukunft mitnehmen sollten?
Parallel Klebepunkte für Aufgabe 2 vorbereiten (7 Punkte pro Person,
für jede Interessengruppe in einer anderen Farbe).
Vor der Pause nicht vergessen:
- Flips abnehmen und an die Wand hängen
- neue Sitzordnung nach der Pause
2. Gegenwart (1): Externe Trends
Anmoderation Mind-map:
- 3 Regeln erläutern
- Äste mit Uhr-Analogie lokalisieren (Das kommt an den Ast
xy um 11 Uhr)
- viel ausführlichhere Hinweise zur Moderation dieser Phase siehe
Tips zur Erstellung der Mind map
Am Morgen des zweiten Tages:
Nochmals den Ablauf rekapitulieren und deutlich machen, wo man momentan
steht. Dann alle vor die Wand mit dem Mind-map holen (ohne Stühle)
und die Äste, die viele Punkte bekommen haben, umranden. Gemeinsame
Reflexion über das Mind-map (5-15 Minuten): Gibt es Themen, die nur
von einer oder zwei Gruppen gewählt wurden? Was sind Ihre Reaktionen
auf das Mind-map?
Aufgabe anmoderieren
Vor der Präsentation nochmals auf die Funktion des Zeitnehmers und
die Beschränkung auf 4 Minuten hinweisen. Dann ist es auch sinnvoll,
einen Hinweis zu geben, wie die Sprecher präsentieren sollen. Denn
typischerweise stellt jeder erst mal alle vier ausgewählten Trends
dar, dann das, was man zu jedem einzelnen Trend heute tut, und schließlich
in einer letzten Runde das, was man künftig tun will. Viel besser
ist es jedoch, folgendermaßen zu präsentieren: Das ist
unser Trend 1, das ist was wir heute als Antwort darauf tun, und das ist,
was wir künftig tun sollten. Das ist unser Trend 2, das ist.....
Auf diese Weise gehen die Präsentationen schneller, und die Spannung
zwischen IST und SOLL wird besser herausgestellt.
Wenn Sie nach den Präsentationen zur Reflexion übergehen (Was
haben die Präsentationen bei Ihnen ausgelöst? Was sind Ihre
Reaktionen darauf?), dann machen Sie nochmals klar, daß es an dieser
Stelle nicht darum geht, Diskussionen zu führen. Solche Diskussionen
finden nämlich meistens nur zwischen zwei oder drei von 64 Teilnehmern
statt und langweilen alle anderen. Man kann in einer großen Gruppe
nichts richtig andiskutieren geschweige denn ausdiskutieren. Es geht vielmeher
darum, unterschiedliche Sichtweisen kennenzulernen und zu verstehen. Bitten
Sie die Teilnehmer, sich in die anderen hineinzuversetzen, den Impuls,
gleich mit einer eigenen Meinung zu kontern, zurückzustellen und
statt dessen zu fragen, warum der andere das und das denkt. Wenn Diskussionen
entstehen, dann brechen Sie diese mit Verweis auf die Spielregeln (nicht
in Konflikten verheddern) sofort ab.
Mit dem Restaurant besprechen, ob für das Mittagessen Tische zu je
acht Personen möglich sind, damit die Tische gemeinsam essen können.
Sicherstellen, daß mittags kein Alkohol ausgeschenkt wird.
3. Gegenwart (2): Stolz und Bedauern
An dieser Stelle der Zukunftskonferenz kann es den einen oder anderen
geben, der vermißt, daß auf Ergebnisse hingearbeitet wird.
Und in der Tat, bislang wurden ja keinerlei Schlußfolgerungen gezogen,
und der Moderator hat auch nicht darauf hin moderiert. Daher kann man
an dieser Stelle ruhig noch einmal sagen, daß es normal ist, daß
man an diesem Punkt noch keine Ergebnisse hat und daß die Zukunftskonferenz
planmäßig verläuft.
Anmoderation: Betonen, daß man erarbeiten soll, was man in Bezug
auf seinen eigenen Beitrag zum Thema bedauert. Man soll nicht mit dem
Finger auf die anderen zeigen. Zum Bedauern könnte man etwa folgendes
sagen:
Dieser Teil der Aufgabe erfordert menschliche Größe.
Denn wir sind alle sehr geneigt, die Schuld bei anderen zu suchen und
mit dem Finger auf andere zu zeigen, statt uns zu fragen, wo wir selber
hätten besser sein können. Genau das herauszuarbeiten, ist jedoch
Zweck dieser Aufgabe. Stellen Sie nachher drei Punkte dar, die Sie aufrichtig
an sich selbst - gemeint ist der ganze Tisch - und nicht an anderen bedauern.
Wir bitten Sie auch, nicht hinten herum doch wieder mit dem Finger
auf andere zu zeigen. Nicht im Sinne der Aufgabe sind Formulierungen wie
Wir bedauern, daß wir den anderen nicht verständlich machen
konnten, wie gut wir eigentlich sind oder Wir bedauern, nicht genügend
internes Marketing gemacht zu haben oder Wir bedauern, daß wir der
Geschäftsleitung nicht klar machen konnten, daß...
Während der Gruppenarbeit das kreative Material für Aufgabe
4 an geeigneter Stelle auslegen. Es hat sich als sinnoll erwiesen, das
Material an einer Stelle zu deponieren, wo es gut sichtbar ist und wo
viele Teilnehmer vorbeikommen, z.B. in der Nähe des Eingangs.
Wenn die Tische ihre Präsentationen zu Stolz und Bedauern
machen, entsteht im besten Fall eine sehr dichte Atmosphäre im Raum.
Der Stolz ist bewußt geworden, sowie das, wofür die große
Gruppe Verantwortung übernehmen muß. Wenn Sie als Moderator
diese Atmosphäre spüren, sollten Sie nicht einfach (wie es einen
Schritt vorher durchaus geht) fragen: Was sind Ihre Reaktionen auf
das eben Gehörte? Denn dann wird die entstandene Energie gleich
zerredet. Fordern Sie die Teilnehmer vielmehr auf, kurz in
sich hineinzuspüren, was Sie jetzt fühlen. Und dann fragen Sie
genau danach. Und wenn Sie dann Kopfgeburten statt Gefühle
als Antwort erhalten, fragen Sie bewußt noch ein zweites mal danach.
Nach den Präsentationen Teilnehmer bitten, sich in gemischte Tische
umzusetzen.
4. Entwurf der Zukunft
Anmoderation: (hier mal ganz ausführlich)
Ab jetzt befinden wir uns für die nächsten Stunden im
Jahr 200x und 199x liegt bereits weit hinter uns. Wir sind eine erfolgreiche,
lebendige (blühende, dynamische...) Organisation (Gemeinschaft, Region)
geworden. Eine große Kraft strahlt von uns aus. Busweise kommen
die Vorstände (Bürgermeister) von anderswo hier angereist, um
zu erfahren, wie wir es jetzt machen. Und nun schauen Sie sich um, was
es jetzt alles bei uns gibt, was wir alles jetzt tun, was wir in den letzten
x Jahren zusammen geschaffen haben ....
Man kann an dieser Stelle auch suggestiver sprechen und die Teilnehmer
in Ihrer Vorstellung in die Zukunft beamen. Beispiel:
Jetzt im Jahr 200x sind viele der Schwierigkeiten von 199x schon
längst Vergangenheit. Dem Beobachter fällt vor allem die heitere
Gelassenheit der Menschen in unserer Organisation (Stadt...) auf. Es herrscht
emsiges Treiben, die Tatkraft ist zu spüren, doch alle strahlen Ruhe
und Gelassenheit aus. Man sieht leuchtende Augen, zufriedene Gesichter,
man hört viele angeregte Gespräche und spürt dabei die
Aufmerksamkeit und Energie. Alle sind zuversichtlich und optimistisch.
Das gilt nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kunden,
unsere ..... Alle diese Menschen arbeiten eng miteinander zusammen, Grenzen
zwischen innen und außen, zwischen Abteilungen und Hierarchien scheinen
nicht mehr zu bestehen. Statt dessen erleben wir grenzenlose Kooperation
und fühlen uns als eine große Gemeinschaft.
Man kann hier auch nochmals wichtige Trends, die in Aufgabe 2 erarbeitet
wurden, ins Gedächtnis rufen:
Das und das ist passiert, die und die Chancen haben wir genutzt
und wir haben es gelernt, mit den schwierigen Entwicklungen 1 und 2 umzugehen
und dafür gute Antworten zu finden.
Wir fühlen uns stolz, daß wir das alles zusammen erreicht
haben.
Und dann geht es weiter wie schon oben beschrieben:
Und nun schauen Sie sich um, was es jetzt alles bei uns gibt, was
wir alles jetzt tun, was wir in den letzten x Jahren zusammen geschaffen
haben ..... Schreiben Sie das alles als lange Liste auf ein Flipchart
auf.
Ihr Zukunftsentwurf sollte Antworten auf die wesentlichen Trends
enthalten, er sollte mehr von dem enthalten, worauf wir stolz sind und
etwas anderes als das, was wir heute bedauern. Entwerfen Sie dazu Ihre
Lösungen. Gehen noch einmal zurück zu den Flipcharts, die an
den Wänden hängen. Erfinden Sie neue Arbeitsweisen, Systeme,
Strukturen, Leistungen oder was immer es jetzt im Jahr 200x als Antwort
auf die Probleme, die sich 199x abzeichneten, gibt. .....
Denken Sie dabei nicht gleich an Kosten oder Schwierigkeiten. Wagen
Sie zu träumen. Wir wissen, daß zu solchen Träumen auch
Dachgärten, Betriebskindergärten, firmeneigene Ferienhäuser
in Südfrankreich und ähnliches gehören. Oder auch eigene
Hubschrauber, Produktion im Weltraum - und natürlich können
wir alle einen großen Teil unserer Arbeit per eMail und Bildtelefon
aus unserem Garten oder sogar aus unserem flauschigen Bett heraus erledigen.
Diese Übertreibungen und Überzeichnungen dürfen sein. Sie
werden unsere Präsentationen nachher lebendig machen. Doch natürlich
sollen Sie sich primär mit den wichtigen Aspekten der Zukunft Ihres
Geschäfts beschäftigen.
In Situationen, wo die Knappheit der?Ressourcen eher zunehmen wird (z.B.
weil staatliche Subventionen nicht mehr fließen oder weil das Personalressort
eines großen Unternehmens wohl nie mehr personell so üppig
ausgestattet sein wird wie in der Vergangenheit), sollte nicht so sehr
betont werden, daß Kosten keine Rolle spielen. Dann sagt man vielleicht:
Die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen sind immer noch
knapp, doch wir haben neue, bessere Wege gefunden, damit umzugehen.
Als zweites bitten wir Sie eine Liste dazu zu erstellen, was wir
zwischen 199x und 200x getan haben, um diese Zukunft zu erschaffen. Was
haben wir 1999, 2000, 2001, 2002.... getan? Welchen Weg sind wir gegangen?
Schließlich bitten wir Sie, aus Ihrem Zukunftsentwurf eine
lebendige, anschauliche und, wenn Sie wollen, auch lustige Präsentation
zu machen. Dazu haben Sie alle Freiheiten. Sie können uns nachher
einen kleinen Sketch vorführen. Sie dürfen einen Artikel schreiben,
wie er im Jahr 200x in der Zeitung steht. Sie sürfen auch ein Gedicht
schreiben oder ein Lied texten.
Beliebt ist in vielen Zukunftskonferenzen ein Sketch, worin der
Chef pensioniert wird, vielleicht endlich pensioniert wird - und das ist
dann der Anlaß für ein großes Fest, auf dem natürlich
Reden gehalten werden und ein Rückblick auf die letzten Jahre stattfindet..
...
Oder wir erhalten jetzt im Jahr 200x einen wichtigen Preis. Und
anläßlich der Preisverleihung wird ein Fernsehfilm gedreht.
Sie stellen dann diesen Film mit seinen Interviews dar.
Wir haben hier einiges an Material für Sie zusammengestellt:
Fotokartons in vielen Farben, Krepp-Papier, Pfeiffenputzer, Klebestifte,
Scheren, Kordel, Luftballons. Machen Sie freien Gebrauch davon. Und wenn
Ihnen noch irgendetwas fehlt: Bisher hat es jede Gruppe in einem Gebäude
wie diesem geschafft, sich das zu organisieren, was sie braucht.
Bei dieser Aufgabe gibt es nicht nur einen Sprecher. Der ganze Tisch
darf präsentieren, wenn er will. Dabei gibt es eine wichtige Restriktion:
Jeder Tisch bekommt maximal 8 Minuten Zeit. Bitte überschreiten Sie
dieses Limit nicht. Acht Minuten sind schnell erreicht, wenn man einen
Sketch aufführt. Denken Sie also daran, sich zu beschränken.
...
Insgesamt haben Sie für diese Aufgabe 2 Stunden Zeit. Einschließlich
des Mittagessens ist das bis .... Uhr. Unser Vorschlag für die Zeiteinteilung:
Nehmen Sie sich 30 bis 45 Minuten Zeit, um Ideen zu brainstormen und auf
eine Liste schreiben, gehen Sie dann (wenn möglich) als Tisch geschlossen
zum Mittagessen und gestalten Sie danach 90 Minuten Ihre kreativen Inszenierung.
Die Show geht um ....... Uhr los. Viel Spaß!
Je nach Aufgabenstellung der Zukunftskonferenz ist es an dieser Stelle
wichtig, den Fun-Charakter auch etwas weniger zu betonen und
die Teilnehmer anzuhalten, sich ausgiebig, also 45 oder sogar 60 Minuten,
mit der Substanz zu beschäftigen. Dort, wo man in die Aufgabe 4 Denkanstöße
eingebaut hat, sollte man diese sehr deutlich herausstellen und evtl.
nach einiger Zeit nochmals daraufhinweisen. Wenn man ganz sicher gehen
will, daß von der zeitlichen Verteilung her genug nachgedacht
und nicht zuviel gespielt wird, kann man die Aufgabe 4 auch
in zwei Teile teilen und den zweiten Teil nach 45 Minuten neu anmoderieren.
Die Schreiber sollten auch bei dieser Aufgabe gleich ans Flipchart gehen
und alle Ideen aufschreiben. (Das wird bei dieser Aufgabe gern vergessen,
daher die nochmalige Betonung.)
Etwa eine Stunde vor Beginn der Präsentationen sollte man nochmals
auf die 8 Minuten hinweisen, damit die Gruppen sich darauf einstellen.
Wenn Sie feststellen, daß die Tische nicht zum kreativen Material
greifen (was höchst selten vorkommt), dann hilft es, wenn die Moderatoren
ein bißchen mit dem Material spielen, z.B. sich aus den Pfeiffenputzern
Brillen basteln oder Luftballons schon mal aufblasen oder..... Das regt
dann die Teilnehmer an, es ihnen gleich zu tun.
Anmoderation der Präsentation:
Jeder Tisch wählt zwei Beobachter, die sich auf dem Aufgabenblatt
5 Notizen machen zu Themen, die in mehreren Präsentationen vorkommen.
(Man gibt diese Aufgabe nur zwei Teilnehmern pro Tisch, weil sie sonst
von keinem richtig erledigt werden würde. Es macht einfach zu viel
Spaß, den Präsentationen zu folgen, und niemand will sich durch
Schreiben davon ablenken lassen.)
Darauf hinweisen, daß auch jede Gruppe einen Zeitnehmer bestimmen
soll, der während der Präsentation auf die Einhaltung der 8
Minuten achtet.
5. Gemeinsamkeiten herausarbeiten
Bei dieser Aufgabe ist den Teilnehmern oft nicht ganz klar, was Ziel
und was Weg ist. Sie tendieren dazu, die Liste mit den Zielen
kurz zu halten und wichtige Substanz auf die Liste mit den Wegen, Ideen,
Projekten, Beispielen zu schreiben. Für manch einen ist (in Unternehmen)
nur der Gewinn ein Ziel, alles andere ist schon Weg.
Die Liste mit den Zielen soll natürlich mehr enthalten,
nämlich die Themen, in denen man sich einig werden sollte und aus
denen später Maßnahmen abgeleitet werden sollen. Daher ist
es während dieser Gruppenarbeit wichtig, herumzugehen und ggf. die
Gruppen darauf hinzuweisen, daß die Liste mit den Zielen
zu wenig Substanz enthält und die Liste mit den Wegen
zuviel. Eine gute Faustregel ist, daß alles, worauf die große
Gruppe sich einigen sollte, auch auf der Liste mit den Zielen
stehen muß.
(Ich gehe im übrigen dazu über, die Teilnehmer nicht mehr zwischen
Zielen und Wegen unterscheiden zu lassen, weil diese Differenzierung doch
oft Verwirrung stiftet. Man hat dann zwar auf der großen Wand am
Morgen des dritten Tages auch ein paar sehr konkrete Projekte, doch damit
läßt sich meines Erachtens leben.)
Daraufhinweisen, daß sehr groß und deutlich geschrieben werden
soll, da die Listen später in Streifen geschnitten werden. Wichtig
ist auch, daß die Ziele nicht nur in einem Wort formuliert werden,
sondern selbsterklärend in drei bis fünf, damit sie für
die große Gruppe verständlich werden.
Während der Gruppenarbeit eine große freie Wand mit den Überschriften
Gemeinsame Ziele, Projekte, Ideen, Beispiele und
Ungelöste Differenzen vorbereiten.
Wenn in der zweiten Phase dieser Aufgabe jeweils zwei Tische zusammenkommen,
sollen die jeweiligen Ziel-Listen verschmolzen werden, und
zwar so, daß die gesamte neue Gruppe hinter den Zielen stehen kann.
Die anderen beiden Listen werden nicht verschmolzen.
Als letzte Tat des zweiten Tages zerschneiden die Gruppen ihre Ziel-Listen
in Streifen und hängen diese auf die vorbereiteten Wände. Auf
die entsprechenden Wände werden auch die (nicht zerschnittenen) Flips
mit den Beispielen und den ungelösten Differenzen gehängt.
Wenn die Maßnahmenplanung am letzten Tag im Open Space-Modus mit
Freiwilligengruppen geschieht, ist es sinnvoll, am Abend alle Tische ausräumen
zu lassen. Die Stühle bleiben vor der Wand mit den Zielen stehen.
Die Sortierung der Streifen erfolgt zwar normalerweise erst am nächsten
Morgen mit allen Teilnehmern, doch in manchen Fällen ist es sinnvoll,
dies schon an dieser Stelle mit der Planungsgruppe zusammen zu tun - und
zwar insbesondere dann, wenn in der Palnungsgruppe Experten für das
Thema sitzen, die Einfluß darauf nehmen sollten, was am nächsten
Tag zuerst und was zuletzt (unter evtl. größerem Zeitdruck)
besprochen werden sollte.
Dritter Tag
Wenn am Morgen des dritten Tages die ersten Teilnehmer eintreffen, werden
sie noch vor offiziellem Beginn gebeten, sich gleich an die Wand Gemeinsame
Ziele mit den Papierstreifen zu stellen und diese zu sortieren (clustern).
Zuerst arbeiten also die am frühesten Eintreffenden an der Wand,
dann werden es immer mehr bis schließlich alle da sind. Dabei werden
gelegentlich auch Texte noch ergänzt oder verändert. Typischerweise
braucht es ein viertel Stunde, bis alles sortiert ist. Dann nehmen die
Teilnehmer auf Stühlen vor der Wand Platz, und es geht richtig
los.
Nun wird der gemeinsame Konsens herausgearbeitet. Diese ein bis zwei Stunden
(manchmal dauert es noch länger) werden von einigen Teilnehmern als
mühsam erlebt. Daher sind sie sorgfältig anzumoderieren. Nachdem
man das Vorgehen (siehe unten) erklärt hat, könnte man anfügen:
Diese Phase der Zukunftskonferenz ist die engste Stelle des Trichters
oder auch das Nadelöhr, durch das wir alle gemeinsam hindurch müssen.
An dieser Stelle darf keiner vorneweglaufen oder hinterherhinken. Sie
werden diese nächsten ein bis zwei Stunden nicht nur als angenehm
empfinden. manchmal werden Sie denken Warum muß denn nun der oder
die dazu noch einen Einwand vorbringen?Warum können wir nicht endlich
weitermachen? Doch wenn wir Geduld miteinander haben, dann werden wir
etwas wichtiges gewinnen: Konsens! Dann ist für später wirklich
klar, hinter welchen Zielen wir alle gemeinsam stehen und wo wir Dissens
haben. Dadurch ersparen wir uns viele spätere Diskussionen. Denken
Sie daran bitte, wenn Ihnen die nächsten ein bis zwei Stunden zu
lang zu werden scheinen. Teamfähigkeit bedeutet unter anderen Zuhören
und Geduld haben. Jetzt können wir alle unsere Teamfähigkeit
unter Beweis stellen.
Machen Sie den Teilnehmern auch deutlich, daß es bei den Themen
auf der Wand um langfristige Ziele geht, nicht um etwas, das schon in
sechs Monaten so sein soll.
Jeder Punkt auf der Wand Gemeinsame Ziele wird mit dem Plenum
durchgegangen. Spielregel ist, daß nur das auf der Wand bleiben
soll, das von allen getragen wird. Wenn jemand bei einem Ziel Einwände
hat, wird geklärt, ob es sich um Substanz oder Semantik
handelt. Wenn die Formulierung bemängelt wird, wird sie verändert.
(Die Ziele auf den Papierstreifen sind häufig unpräzise oder
mißverständlich formuliert.) Substanzielle Differenzen können
in der großen Gruppe kaum ausgeräumt werden. Hier lohnt es
nicht, lange zu diskutieren. Das betreffende Ziel wird auf die Wand Ungelöste
Differenzen gehängt. Man muß in dieser Phase ständig
aufpassen, daß man sich nicht auf zu lange Diskussionen einläßt.
Diese Phase ist zwar für die Teilnehmer nie ein Spaziergang, läuft
aber auf der anderen Seite meist problemlos ab. Zur Sicherheit ein paar
Hinweise, die in schwierigeren Fällen wichtig sind:
o Wenn ein Hierarch dabei ist, sprechen Sie ihn vorher darauf an, daß
er in dieser Phase großen Einfluß auf das Gelingen haben kann.
Denn wenn der Hierarch bei vielen Zielen die Pointe
wegschleift, geht unweigerlich die Stimmung runter. Andererseits muß
er aber wie jeder andere Teilnehmer darauf achten, daß nichts an
der Wand bleibt, was er nicht mittragen kann.
o Wenn Sie merken, daß sich nur wenige Teilnehmer beteiligen, fragen
Sie die anderen, was es braucht, damit sie mitmachen. Es geht an dieser
Stelle zwar nicht um eine Diskussion, an der sich viele beteiligen sollen
(es sollen sich ja nur die melden, die etwas nicht mitragen können
oder die etwas erläutert haben wollen), doch dann, wenn um Erläuterung
gebeten wird, sollten die Teilnehmer schon bereit sein, dies zu tun. In
hierarchischen Situationen ist die Bereitschaft dazu gelegentlich nur
gering ausgeprägt. Seien Sie dann behutsam. Werden Sie nicht ungeduldig,
wenn sich von 64 niemand meldet. Die Teilnehmer haben offenbar nicht den
Mut, das Wort zu ergreifen. Nach etwas Warten kommt doch immer einer.
o Wenn Sie etwas auf die Wand der ungelösten Differenzen hängen,
sagen Sie bewußt etwas Wertschätzendes zu diesem Thema: Obwohl
wir es jetzt hierüber hängen, kann es sich um ein besonders
wichtiges Ziel handeln.
o Wenn eine Thema weggehängt wird, kann es dennoch sein, daß
es ein übergeordnetes Ziel gibt, das alle mittragen würden.
Achten Sie darauf, daß dieses Ziel formuliert wird.
o Wenn unterschiedliche Richtungen im Raum sind, achten Sie
darauf, daß Sie alle gleich behandeln. Also nicht etwas schneller
auf die Wand der ungelösten Differenzen hängen, weil ein Hierarch
opponiert hat.
o Wenn ein Ziel nicht abgehängt, sondern nur modifiziert wird, sollten
Sie die ursprüngliche Version dennoch auf die Wand der ungelösten
Differenzen hängen, damit dieser Punkt nicht verloren geht und später
evtl. wieder aufgegriffen werden kann.
(Merrelyn Emery, die einen wichtigen Vorläufer der Zukunftskonferenz,
die sog. Search Conference, entwickelt hat, fordert, wenn substanzielle
Differenzen auftreten, die Exponenten zweier gegensätzlicher Richtungen
auf, für 10 Minuten den Raum zu verlassen, um eine gemeinsame Lösung
zu suchen. Erst wenn auch so keine Gemeinsamkeit gefunden wird, wandert
das Ziel zu den Ungelösten Differenzen. Wir haben dieses
Vorgehen auch in Zukunftskonferenzen ausprobiert - mit Erfolg. Das heißt,
manchmal hat dieses Pärchen sich auf etwas geeinigt,
das dann auch von der ganzen Gruppe getragen wurde. So vorzugehen macht
aber nur da Sinn, wo es nur einen oder zwei Gegner zu einem Ziel gibt.)
Manchmal treten während des reality dialogue vor der
Wand der gemeinsamen Ziele lästige Diskussionen darüber auf,
ob etwas Ziel oder Weg oder Voraussetzung sei. An dieser Stelle macht
aber eine Diskussion darüber wenig Sinn. Wenn eine Gruppe das Thema
an die Wand gehängt hat, bedeutet das, das es ihr wichtig ist. Um
diesem Problem vorzubeugen, hänge ich ein Flip mit folgendem Inhalt
über der Wand auf und erläutere es vorab:
Wir diskutieren nicht darüber, ob etwas Ziel, Weg oder Voraussetzung
ist. Wenn es hier hängt, will eine Gruppe, daß wir darüber
entscheiden. Die einzige Frage lautet: Wollen wir das?
Während das Plenum vor der großen Wand am Konsens arbeitet,
stellt sich der ein oder andere schon die Frage, wie es später weitergehen
wird und was mit den Ergebnissen geschieht, die später von Gruppen
erarbeitet werden. Damit sich jetzt schon die Antwort auf eine Frage,
die früher oder später sowieso gestellt wird, einprägt,
kann man auf die große Wand oberhalb der Papierstreifen mit den
Zielen ein Flipchart mit folgendem Text aufhängen: Je zwei
Vertreter jeder Gruppe präsentieren binnen x Wochen nach der Zukunftskonferenz
ihre Maßnahmenpläne der Geschäftsleitung (oder dem Steuerungsgremium).
Dabei wird gemeinsam das weitere Vorgehen diskutiert und festgelegt.
Selbstredend macht das nur bei einer Zukunftskonferenz innerhalb einer
Organisation Sinn.
6. Maßnahmenplanung
Wenn Freiwilligenggruppen im Open Space-Modus gebildet werden, sollte
deutlich gemacht werden, daß sich nur diejenigen als Initiator einer
Gruppe melden sollen, die auch bereit sind, nach der Zukunftskonferenz
weiter an dem Thema zu arbeiten. Wenn das nicht klar ist, könnten
die Initiatoren sich hinterher reingelegt fühlen, weil sie sich ungewollt
ein Projekt aufgeladen haben.
Bei der Anmoderation sollte man die Gruppe bewußt auf das Aufgabenblatt
und die dort vorgegebene Struktur hinweisen (z.B. was, wer, wann, 30 Tage,
3 Monate, 1 Jahr). Insbesondere dort, wo sich im Open Space-Modus Initiatoren
melden und Freiwilligengruppen bilden, besteht die Gefahr, daß die
präzise Aufgabe im allgemeinen Chaos der Gruppenbildung
untergeht. Auch hier macht es Sinn, die letzte Aufgabe auf ein Flip zu
schreiben und über die Wand zu hängen, auf der die
Konsensbildung stattfindet.
Eine Schwierigkeit kann die Präsentation der Maßnahmen darstellen.
Da die Gruppen typischerweise 1,5 bis 2 Stunden Maßnahmen planen,
haben sie hinterher viel zu präsentieren. Manche Gruppen wollen 10
Minuten präsentieren. Wenn es dann insgesamt 10 oder 12 Gruppen sind
(oft sind es weniger), wird die Gesamtdauer der Präsentation zu lang.
Ein Informationsmarkt ist zwar eine Alternative, doch Präsentationen
wirken sicher intensiver. Wenn viele Gruppen entstanden sind, wird man
die Präsentationszeit verkürzen müssen. Ein guter Ausweg
besteht darin, die Sprecher zu interviewen. Auf diese Weise können
Sie nach den Kernpunkten fragen und sparen viel Zeit. Denn bislang habe
ich niemanden erlebt, der bei einer Präsentation sich wirklich auf
die wesentlichsten Punkte beschränkt hätte. Beispielhafte Fragen
im Interview: Was ist Ihre wichtigste Maßnahme? Was können
Sie am besten alleine mit vorhandenen Ressourcen realisieren? Bei welcher
Maßnahme brauchen Sie die meiste Unterstützung?
7. Schluß
Nachdem alle Präsentationen vorbei sind, findet eine abschließende
Reflexion zum weiteren Vorgehen statt. Die Protokoll-Frage ist zu klären
(typischerweise schreiben die Initiatoren der Freiwilligengruppen ein
Protokoll über ihren Maßnahmenplan) und man sollte diskutieren,
wann sich die Teilnehmer in welcher Zusammensetzung wieder treffen wollen,
um Status-Berichte auszutau-schen und allfällige Hindernisse aus
dem Weg zu räumen. Dieses erste Treffen kann schon nach 6 Wochen
stattfinden, evtl. wurde ja schon mit der Einladung um Reservierung dieses
Termins gebeten.
Talking Stick-Runde
Alle Gruppen, die Maßnahmen geplant haben, werden fotografiert (Bekennerfotos)
- in der Mitte ihr Flipchart, drumherum die Gruppe. Das ist sowohl ein
wichtiger symbolischer Akt wie auch ein guter Bestandteil der Dokumentation.
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