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GESCHICHTEN

 

Im Frühjahr 2000 haben wir damit begonnen, Geschichten im Rahmen von Grossgruppen-Konferenzen einzusetzen. Der Erfolg war so durchschlagend, dass wir seitdem mit Geschichten bereits in mehreren Konferenzen gearbeitet haben und jedes mal von der Wirkung überrascht waren. Inzwischen bekommen wir auch Berichte von Kollegen, die von uns gelernt haben, und die ebenfalls sehr positive Erfahrungen machten. Daher wollen wir unsere noch jungen Erfahrungen in diesem Teil unserer web site weitergeben. Hier soll mit der Zeit ein story center entstehen - ein Ort, wo man Geschichten lesen und sich herunterladen kann. Und wo man etwas über den Einsatz von Geschichten lernen kann. Die ersten Geschichten finden Sie über Links weiter unten auf dieser Seite.

In unseren Konferenzen wurde die Geschichte oder das Märchen bislang immer vom Auftraggeber selbst vorgetragen. Als erster tat dies Dr. Claus-Michael Dill, Vorstandsvorsitzender der AXA Colonia AG vor seinen gut 500 leitenden Führungskräften im Juni 2000. Nachdem er die Geschichte vorgetragen hatte, sagte er, dass er lange kein Lampenfieber mehr vor einem Vortrag gehabt hätte. Doch dieses mal hätte er welches gehabt. Er sei nun gespannt, was für ein Feedback er bekommen würde. Es setzte sofort ein lang anhaltender Applaus ein.

Was wir hier "Geschichten" nennen, sind eine Art Märchen, das speziell für die Organisation und deren Situation geschrieben wurde. Aus unserer Sicht sind sie ein gutes Mittel, um eine neue Wahrnehmung der Gegenwart und der Zukunft dieser Organisation zu erzeugen. Oft finden wir eine Situation vor, in der die "Fakten" durchaus bekannt und allen bewusst sind. Das heisst, alle oder die meisten wissen von den grossen Herausforderungen, vor denen die Organisation steht, von den schmerzhaften Anpassungserfordernissen und von ihren Zielen. Doch diese Fakten haben nur den Kopf erreicht. Mit ihnen werden keine positiven Bilder und Gefühle verbunden. Im Gegenteil: die Fakten und auch die Ziele werden oft eher als "grau" wahrgenommen. Und dadurch bleibt auch die Handlungsenergie gedämpft.

Geschichten helfen den Zuhörenden, die alten Fakten in neue Bilder einzuordnen - in attraktive Bilder, die mit positiven Gefühlen besetzt sind. Dadurch wird die unmittelbare Gegenwart nicht mehr als "Heimsuchung" oder "Ungemach", sondern als ein Abenteuer empfunden, als eine herausfordernde Reise, die zu einem lohnenden Ziel führt. In der Geschichte kann das eine Reise durch die sengende Wüste, ein Marsch über gefähliche Bergpfade oder eine Fahrt über das stürmische Meer sein. Am Ende dieser Reise steht dann ein Ziel, das mehr enthält als Zahlen wie Marktanteile oder Kostenniveaus. Das Ziel ist eine blühende neue Stadt oder eine andere, lebendige und attraktive neue Welt.

Nach unserer Erfahrung fällt es Führungskräften oft schwer, ihre Vision auf emotionale Weise zu kommunizieren. Sie tun sich schwer, Begriffe zu verwenden, die eine Gefühlsschwingung in sich tragen, wie beispielsweise: Begeisterung, Freude, Stolz, Gemeinschaft, Vertrauen, Harmonie. Und sie tun sich schwer, ihre Vision mit einer Metapher zu illustrieren. Obwohl all dies auch gefordert wird, wenn ein Märchen vorgetragen werden soll, scheint dies doch leichter zu sein. Denn im Kontext einer solchen Geschichte ist es offenbar "erlaubt", bildhaft zu sprechen und emotionale Worte zu verwenden.

Die märchenhafte Form der Geschichte spricht andererseits die kindliche Seite der Zuhörer an. Sie schalten für eine Weile ihren kritischen Verstand ab, lassen sich fesseln und das Gehörte einfach nur wirken. Denn die Geschichte beschreibt immer nur, sie schreibt nie etwas vor. Antoine de Saint Èxupery schrieb einmal, dass ein Schriftsteller, der Bilder verwendet, seine Leser nicht nur berührt, sondern "verhext". Die Leser oder die Zuhörer von Geschichten können gar nicht anders, als Bilder in sich entstehen zu lassen. Und wenn die Bilder ihre Seele ansprechen (weil sie Seelenbilder sind), wirken sie tief.

Geschichten können für unterschiedliche Arten von Veränderungen eingesetzt werden:

  • Mit ihnen lassen sich Mitarbeiter für eine neue Strategie gewinnen. Und eine komplexe Strategie kann mit einfachen Bildern sehr anschaulich und eingängig dargestellt werden. Siehe AXA Nova.
  • Eine gewünschte kulturelle Veränderung kann mit einer Geschichte transportiert werden. Siehe Die Tugenden der Wüste.
  • Eine bevorstehende entbehrungsreiche Zeit kann als gemeinsames Abenteuer mit der Chance zur Transformation "reframed" werden. Siehe ebenfalls Die Tugenden der Wüste.
  • Die innere Zerissenheit einer Gruppe über eine neue Richtung, die mit Schwierigkeiten verbunden ist, lässt sich damit thematisieren. Siehe Der lange Marsch über den hohen Berg.
  • Enttäuschungen und andere negative Gefühle, die aus der Vergangenheit "im Raum hängen", lassen sich mit einer Geschichte aufnehmen. Die Zuhörer fühlen sich durch die Geschichte verstanden. (Beispiel wird später eingefügt)
  • Sich gegenseitig verstärkende, dysfunktionale Verhaltensweisen unterschiedlicher Gruppen oder Abteilungen zueinander werden durch die Geschichte entlarvt; produktivere Sicht- und Verhaltensweisen werden offenkundig. (Beispiel wird später eingefügt)
  • Die Geschichte kann ganz einfach zu Zusammenarbeit und Initiative motivieren. Siehe Die Geschichte vom Königreich Weroland.

Es scheint so zu sein, dass die besten Geschichten einem grundlegenden Muster entsprechen, das Joseph Campbell "Die Reise des Helden" genannt hat und das sich in allen Religionen und Mythen wiederfindet. Stark vereinfacht dargestellt läuft sie folgendermassen ab: Der Held bekommt am Anfang einen Ruf, er trifft einen Helfer und Ratgeber (z.B. die weise alte Frau), er findet den Mut, den Trott des Alltags zu verlassen und zu etwas gänzlich Neuem aufzubrechen, er erlebt Abenteuer und wird auf die Probe gestellt, er muss über sich selbst hinauswachsen und reifen, um ans Ziel zu gelangen, er gewinnt das Königreich und die Prinzessin (seine weibliche Seite) noch dazu, er entdeckt, dass eigentlich alles schon von Anfang an vorhanden war und er kehrt mit einem Geschenk in seine Gemeinschaft zurück. Dieses Grundmuster findet sich im Alten Testament ebenso wie in Dantes Göttlicher Kommödie, in Chretien de Troyes Parsifal oder in Homers Odyssee. Zahlreiche Märchen bauen darauf auf. Brillante Neu-Interpretationen sind Joanne K. Rowlings Harry Potter, George Lucas' Star Wars und Paulo Coelhos Der Alchimist - allesamt Megaseller.

Was den Einsatz von Geschichten in grossflächigen Veränderungsprozessen betrifft, stehen wir aus unserer Sicht noch sehr am Anfang. Konferenzen lassen sich nicht nur durch Geschichten bereichern, sondern insgesamt als Geschichten gestalten. Die Dekoration der Räume, die Wahl der Location, das Essen, die Musik.....all das könnte die Geschichte unterstützen. Die inspirierendsten Mythen der Organisation könnten in die Geschichte eingebaut werden. Professionelle Erzähler könnten archetypische Bilder der zentralen Geschichte durch weitere Geschichten vertiefen. Die Geschichte kann ein offenenes Ende haben und von den Teilnehmern zu Ende erzählt werden. Hier ist noch einiges zu lernen. Wir hoffen, mit der Zeit, an dieser Stelle Ihnen noch viel mehr Material bieten zu können.